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Politik: Worte statt Waffen

Palästinenser verhandeln wieder: Hamas will offenbar Staat in den Grenzen von 1967 akzeptieren und Mitglied der PLO werden

Nachdem vergangene Woche die Waffen gesprochen haben, scheinen die palästinensischen Fraktionen nun Fortschritte bei ihrem nationalen Dialog zu machen. Dabei geht es um die Annahme des so genannten Dokuments der Gefangenen, das die Errichtung eines Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967 vorsieht und damit implizit Israel anerkennt. Zudem fordert es die Beschränkung des bewaffneten Widerstands auf die besetzten Gebiete, die Aufnahme von Hamas und Islamischem Dschihad in die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) und die Bildung einer Regierung nationaler Einheit.

Der Sprecher der Hamas-Fraktion im Parlament, Khaled Suleiman, spricht von einer Einigung in den meisten Punkten. „Wir sind damit einverstanden dass ein palästinensischer Staat in den Gebieten von 1967 entstehen soll. Das hat Scheich Jassin bereits 1989 verkündet“, sagte er dem Tagesspiegel in Ramallah. Hamas wolle zudem der PLO beitreten, wenn diese umfassend reformiert werde. Suleiman sagte aber auch, es werde noch einige „Veränderungen“ an dem Dokument geben, das Vertreter von fünf verschiedenen politischen Fraktionen in israelischen Gefängnissen unter Federführung des Fatah-Führers Marwan Barghuti ausgearbeitet hatten. Sollte das Dokument unverwässert angenommen werden, hätte sich die islamistische Hamas bewegt: Der Verzicht auf Anschläge in Israel und die implizite Anerkennung Israels kämen Forderungen der internationalen Gemeinschaft entgegen. Eine Anerkennung Israels ohne Gegenleistung schließt Hamas-Fraktionssprecher Suleiman allerdings nach wie vor aus.

Der Sprecher der Fatah in Gaza, Maher Mikdad sagte dem Tagesspiegel in Gaza, man sei sich nur noch in einem Punkt uneinig: Die Hamas wolle zwar die PLO als einzig legitime Vertretung der Palästinenser anerkennen. Aber Hamas lehne es strikt ab, das Ergebnis möglicher Verhandlungen mit Israel per Referendum der Bevölkerung vorzulegen. Stattdessen sollten selbst kleine praktische Regelungen dem Palästinensischen Nationalrat, dem PLO- Parlament in dem auch die Exilpalästinenser vertreten sind, vorgelegt werden. Die Fatah dagegen wolle dies nur bei schwerwiegenden Entscheidungen wie einem Friedensschluss tun und bestehe zusätzlich auf einem Referendum.

Beobachter erwarten im Falle einer Einigung die Bildung einer neuen Regierung. Entweder eine Regierung der nationalen Einheit oder eine Regierung von Technokraten. „Wir sind bereit zu einer Koalition mit Fatah“, sagt der Hamas-Abgeordnete Suleiman. Premierminister Ismail Hanija hat die Hoffnungen darauf jedoch gedämpft mit dem Kommentar, es sei viel zu früh, um über die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit zu sprechen. Die Hamas-Führung in den Palästinensergebieten scheint unter starkem Druck ihrer unversöhnlicheren Politikführung im Ausland zu stehen.

Sollte es zu keiner Einigung kommen, will Premierminister Abbas am 26. Juli auch gegen den Willen der Regierung ein Referendum über das Dokument der Gefangenen abhalten. Doch das politische Risiko ist hoch: Die neueste Umfrage des Instituts für Meinungsforschung von Khalil Schikaki in Ramallah zeigt, dass zwar 75 Prozent der Palästinenser dem Dokument inhaltlich zustimmen. Bei einem Referendum würden allerdings nur 47 Prozent dafür stimmen. Der Grund dafür ist, dass viele Palästinenser fürchten, die im Januar abgewählte Fatah wolle mit Hilfe des Referendums nur die Hamas-Regierung schwächen. Fatah und Abbas wiederum scheinen in Kauf zu nehmen, dass das strittige Referendum zu neuer innerpalästinensischer Gewalt führen könnte. „Ich hoffe nicht, aber die Realität sagt Ja“ meinte Fatah-Sprecher Mikdadi. Durch gewaltsamen Widerstand werde die Hamas jedoch ihren Rückhalt in der Bevölkerung verlieren, lautet seine wenig tröstliche Hoffnung.

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