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Politik: Zum Schluss an der Spitze

Berlin - 22 Monate hat Lothar de Maizière auf der großen politischen Bühne gestanden – von November 1989 bis September 1991. So plötzlich, wie ihm millionenfache Aufmerksamkeit zufiel, wurde sie ihm wieder entzogen.

Von Matthias Schlegel

Berlin - 22 Monate hat Lothar de Maizière auf der großen politischen Bühne gestanden – von November 1989 bis September 1991. So plötzlich, wie ihm millionenfache Aufmerksamkeit zufiel, wurde sie ihm wieder entzogen. Es gibt Menschen, die zerbrechen an solch einer Situation. De Maizière blieb davon verschont. Das lag wohl auch daran, dass er dem Ruf auf die Bühne nur widerstrebend gefolgt war. Aus dem Rechtsanwalt, der seine Kanzlei lange mit Gregor Gysi geteilt hatte, war am 10. November 1989 der Chef der DDR-CDU geworden. Der Mann, der die Klänge seiner Bratsche und das kluge Gespräch liebte, wurde hineingeworfen ins Politikgeschäft. Ein paar alerte Blockparteikader glaubten, mit dem seriösen und unbelasteten Unionsfreund die überfällige Erneuerung der Ost-CDU einleiten zu können. An ihrer Spitze wurde de Maizière zum Abwickler der Deutschen Demokratischen Republik.

Knapp 65 Kilogramm wog der 1 Meter 70 große Mann, als er im November 1989 ins Scheinwerferlicht trat. Ein knappes Jahr später, am Tag der Wiedervereinigung, zeigte die Waage noch 52,5 Kilo. Neben dem proportional zur Machtfülle an Leibesumfang gewinnenden Bundeskanzler hatte de Maizière von Beginn an auf verlorenem Posten gestanden. Die optische Divergenz der Protagonisten schien die Überlegenheit des Westens über den Osten zu symbolisieren.

De Maizière war zur Wahl im März 1990 angetreten, um das Staatswesen, dem er vorstand, abzuschaffen. Eine längere politische Karriere hatte er nie einkalkuliert. Dennoch ließ er sich darauf ein. Doch als im Dezember 1990 die ersten Stasi-Vorwürfe auftauchten, fehlten dem Bundesminister für besondere Aufgaben und CDU-Vize die Entschlossenheit und die Kraft, in eigener Sache zu kämpfen. Er ließ seine Ämter ruhen, zog sich im September 1991 ganz aus der Politik zurück und arbeitete wieder als Anwalt. Die Stasi-Überprüfung hatte kein Ergebnis erbracht, das dem im Wege stand. Der Mann, der noch heute nahezu alle Details aus dem Einigungsvertrag zu referieren vermag , ist zur Ruhe gekommen. Anwalt wird er bleiben, auch nach seinem 65. Geburtstag an diesem Mittwoch. Und verlässlicher Zeitzeuge auf Foren und Podien landauf, landab.

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