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Der neugewählte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble während der konstituierenden Sitzung des 19. Deutschen Bundestages.

© dpa/ Bernd von Jutrczenka

Bundestagspräsident Schäuble: Zum Streit gibt's keine Alternative

Eine Auseinandersetzung um der Lösung willen, fordert der neue Bundestagspräsident - eine passende Antwort auf die Zumutungen, die von der AfD noch kommen werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ein parlamentarisches Leben rundet sich. Wer die Rede des neuen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble, gewählt mit anständigem Ergebnis, gehört hat, dem wird klar geworden sein, warum er der nahezu ideale Vertreter von 709 Abgeordneten gegenüber dem Volk ist. Die großen Debatten um die Ostverträge, um die Nato-Nachrüstung, die deutsche Einheit, den Euro – was ihr Kollege Schäuble alles erlebt und erstritten hat!

So verwundert kaum, dass er, der politischen Streit selbst nie gescheut hat, zum Streit aufruft. Mutig bleibt es trotzdem. Wann je hat man so etwas schon gehört, so dezidiert, und dann auch noch zu Beginn einer Legislaturperiode in einem Bundestag wie keinem zuvor. Also Schluss mit der Vorstellung einer Alternativlosigkeit, die am Ende zu politischem Mehltau führt. Auch das hat Schäuble erlebt. Aber: Es ist ein Plädoyer für Meinungsstreit der Fraktionen, der je unterschiedlichen, mit dem gemeinsamen Ziel, dass am Ende etwas Gutes fürs große Ganze herauskommt - für das Gemeinwesen.

Persongewordene Herausforderung an Zivilität und Souveränität

Es darf nicht ums Persönliche gehen; eher sollen sich jetzt Persönlichkeiten herausformen. Das allerdings setzt Respekt voraus, ziviles Miteinander ohne Hochmut. Wie sagte Schäuble plastisch: Prügeln sollten sich die Abgeordneten nicht. Was als Vorstellung witzig klingt, ist schon auch ernst. Es gibt ja andernorts Parlamente, in denen es zu Handgreiflichkeiten kommt.

Also, streiten und darin vorbildlich sein, nach innen wie nach außen, national wie international. Doch dann Mehrheiten finden und sie respektieren. Das ist Voraussetzung dafür, dass sich das Volk im Parlament und in dessen Beschlüssen wiederfindet. Schäubles rhetorische Figur hierzu umfasst den Auftrag der kommenden vier Jahre: Streit um der Lösung willen, mit Anstand und Gelassenheit, im Wissen um die eigene Bedeutung, auf dass sich der Souverän bei denen geborgen fühlt, die er entsandt hat. Sogar vom Fühlen sprach der Bundestagspräsident, und es ist ja richtig, dass Gefühle die Menschen in einer von vielen Veränderungen und Unsicherheiten geprägten Welt mehr denn je leiten.

Das alles zusammengenommen kann die Antwort auf die Zumutungen sein, die von der AfD noch kommen werden. Sie ist persongewordene Herausforderung an Zivilität und Souveränität. Ein Teil der Arbeit muss deshalb so angelegt sein, dass er die verirrten Verunsicherten zurückgewinnt. Eine Integrationsarbeit der intellektuellen Art. Nahezu ideal für einen wie Schäuble.

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