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Politik: Zurück auf Los

NSU-Prozess: Oberlandesgericht München beschließt ein neues Zulassungsverfahren für Journalisten – lehnt Videoübertragung aber weiter ab.

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Berlin - Am Ende hat das Oberlandesgericht München alle überrascht – positiv. Die Medienvertreter standen vor dem neuen Vergabeverfahren in den Startlöchern, weil damit gerechnet wurde, dass wieder die schnellsten die Plätze bekommen. Aber das Gericht wählte eine andere Variante. Die für Journalisten vorgesehenen 50 reservierten Sitzplätze im NSU-Prozess werden per Los vergeben. Die Medien werden allerdings in Kategorien unterteilt, damit kommen auch türkische Zeitungen zum Zug. Für „auf Türkisch publizierende Medien“ würden vier Plätze reserviert, verkündete der 6. Strafsenat am Freitag in seiner Sicherheitsverfügung. Bei dem alten Verfahren hatten türkische Journalisten keinen der 50 Plätze erhalten. Je ein Platz ist nun zudem für ein in griechischer und ein in persischer Sprache publizierendes Medium vorgesehen. Der NSU hatte außer acht türkischstämmigen Migranten auch einen Griechen ermordet und mit einem Sprengstoffanschlag in Köln eine Iranerin schwer verletzt. Die neue Platzvergabe hält der Strafsenat für möglich, nachdem das Bundesverfassungsgericht dem Antrag der türkischen Zeitung „Sabah“ auf eine einstweilige Anordnung teilweise stattgegeben hatte. Die Karlsruher Richter gaben dem OLG auf, mindestens drei Plätze für ausländische Medien zu reservieren, deren Landsleute der NSU-Terror getroffen hatte. „Sabah“ reagierte zufrieden auf das neue Verfahren. „Es ist fair, es ist transparent. Da fragt man sich natürlich: Warum nicht gleich so“, sagte der Vize-Chefredakteur der Zeitung, Ismail Erelrel, der Nachrichtenagentur dpa. „Ich denke, dass jeder jetzt die gleichen Chancen hat.“

Das Bundesverfassungsgericht sprach von der Möglichkeit eines neuen Akkreditierungsverfahrens, überließ aber die Entscheidung dem 6. Strafsenat. Dieser bildete nun drei „Mediengruppen“, deren Vertreter sich für die 50 Plätze bewerben können. Gruppe eins umfasst in- und ausländische Nachrichtenagenturen, die fünf Plätze erhalten sollen. In Gruppe zwei mit zehn Plätzen finden sich „Deutschsprachige Medien mit Sitz im Ausland und fremdsprachige Medien. In dieser Kategorie sind auch die auf Türkisch, Griechisch und Persisch publizierenden Journalisten untergebracht. Die dritte Gruppe ist für „auf Deutsch publizierende Medien im Inland“ vorgesehen. Die Plätze werden vergeben an Tageszeitungen (acht Sitze), wöchentlich erscheinende Printmedien (vier Sitze), an das öffentlich-rechtliche Fernsehen (zwei Sitze), die privaten TV-Sender (auch zwei Sitze) sowie den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk (je drei Sitze). Die restlichen 13 Plätze werden Gruppe drei zugeschlagen. Das neue Akkreditierungsverfahren begann um 12 Uhr, der Strafsenat hatte die Medien zuvor per E-Mail informiert. Bei der Sitzplatzvergabe im März waren nur Journalisten rechtzeitig im Bilde, die sich vor dem Stichtag bei der Pressestelle des Gerichts erkundigt hatten. Die Akkreditierung endet am Dienstag um 24 Uhr. Der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier Mitangeklagte soll am 6. Mai beginnen.

Schon vor Bekanntgabe des neuen Verfahrens hat ein Berliner Journalist dem OLG mitgeteilt, dass er sich an das Bundesverfassungsgericht wenden werde, sollte er seinen reservierten Platz aus der Vergabe vom März jetzt verlieren.

Außerdem haben Angehörige des vom NSU in Kassel erschossenen, türkisch- stämmigen Halit Yozgat in einem Antrag das OLG aufgefordert, den Prozess über eine Video in einen zweiten Saal zu übertragen und somit deutlich mehr Öffentlichkeit zuzulassen. Das Gericht lehnt eine Übertragung aber weiterhin ab. Das stößt beim Journalistenverband (DJU) auf Kritik. DJU-Geschäftsführerin Cornelia Haß, kritisierte, dass das Gericht diese Chance verpasst habe. „Das neue Verfahren ist nun zumindest nachvollziehbar, aber auch kein großer Wurf“, sagte sie. Bemängelt wird zudem, dass freie Journalisten und Online-Medien keine reservierten Kategorien haben. „Das Gericht ist nicht ganz auf der Höhe der Zeit.“

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