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In bester Stimmung. Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Russlands Präsident Dmitri Medwedew (v.l.) am Dienstag bei ihrer Ankunft in Deauville in der Normandie.

© dpa

Zusage: Medwedew kommt zum Nato-Gipfel

Russland hat seine Teilnahme am Nato-Gipfel im November in Lissabon angekündigt und auch eine russische Beteiligung am Raketenabwehrsystem für Europa, das die Nato plant, in Aussicht gestellt. Moskaus Zusage ist ein Zeichen der Entspannung.

Russland hat seine Teilnahme am Gipfel der Nato-Staaten am 19. und 20. November in Lissabon angekündigt und auch eine russische Beteiligung am Raketenabwehrsystem für Europa, das die Nato plant, in Aussicht gestellt. Der russische Präsident Dmitri Medwedew sagte nach dem Dreiergipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy am Dienstag in Deauville in der Normandie: „Ich werde teilnehmen, denn dies wird die notwendigen Kompromisse fördern.“

Die Kooperation bei der Raketenabwehr ist dagegen noch nicht sicher. Er müsse erst wissen, wie sich die Allianz Russlands Beteiligung vorstelle, sagte Medwedew. „Erst dann können wir eine Antwort geben, wie es weitergeht.“ Merkel begrüßte die Zusage für den Gipfel in Lissabon: „Das ist eine gute Botschaft.“ Die gemeinsame Sicherheitsarchitektur müsse „schrittweise“ aufgebaut werden.

Auch die USA loben die russische Teilnahme. Phil Gordon, der Staatssekretär für Europa im US-Außenministerium, sagte, die Kooperation im 1997 gegründeten Nato-Russland-Rat könne deutlich verbessert werden. Sie bewege sich bisher „weit unterhalb der Möglichkeiten“. In der Amtszeit Präsident Obamas habe sich das Verhältnis verbessert. Er warnte freilich, in vielen Details habe Russland ganz andere Vorstellungen als die Nato.

Sarkozy, Merkel und Medwedew berieten in einer Villa aus dem 19. Jahrhundert an der imposanten Strandpromenade des Badeortes Deauville über die Nato und die Zukunft Europas. Medwedews Zusage für den Nato-Gipfel wird als Zeichen der Entspannung gewertet. 2008 war die Kooperation des Bündnisses mit Moskau wegen des Georgienkriegs ausgesetzt worden. Seither gab es eine Annäherung. Russland unterstützt die Nato, zum Beispiel, in Afghanistan. Sarkozy und Merkel bekräftigten, dass sie eine stärkere Einbindung Moskaus in die bevorstehenden Gipfel wünschen. Das gelte neben dem Nato-Gipfel auch für das Treffen der G 20, der zwanzig größten Wirtschaftsnationen, am 11. und 12. November in Seoul. Sarkozy erklärte: „Der Kalte Krieg ist vorbei. Die Russen sind unsere Freunde.“ Merkel war vorsichtiger: „Wir wollen die Vertrauensbasis mit Russland stärken.“

Russland hatte die Raketenabwehr, deren Planung unter Präsident George W. Bush begonnen hatte und die sich gegen die Bedrohung durch iranische Mittelstreckenraketen richtet, anfangs kategorisch abgelehnt. Obama modifizierte das Konzept, um auf russische Bedenken einzugehen, hielt aber an dem Ziel einer Raketenabwehr fest. Merkel und Sarkozy wollten Medwedew in Deauville davon überzeugen, dass sie nicht gegen Russland gedacht ist. „Wir sitzen alle in einem Boot“, sagte Merkel. Medwedew forderte: „Es muss eine angemessene Rolle für Russland gefunden werden.“

Die Nato will den Aufbau des Abwehrsystems in Lissabon beschließen. Es gibt aber noch viele offene Fragen, darunter auch die Aufteilung der Kosten. Die Nato möchte zudem ihr neues strategisches Konzept beschließen. Meinungsverschiedenheiten gibt es insbesondere über die Zukunft der Atomwaffen. Deutschland wünscht den Abbau aller Nuklearwaffen in Europa, darunter die in Deutschland lagernden taktischen Atomwaffen, konnte sich aber nicht durchsetzen. Frankreich ist gegen eine Abrüstung seiner Atomwaffen. Auch die USA halten diese Waffengattung auf absehbare Zeit für unverzichtbar. Diese Analyse steht auch im Entwurf des strategischen Konzepts. Russland hat bisher keinerlei Bereitschaft erklärt, seine gegen Westeuropa gerichteten Atomwaffen abzubauen, falls die Nato ihre Atomwaffen aus Europa entfernt.

Aus amerikanischer Sicht warten eine Reihe von Stolpersteinen bei der weiteren Annäherung zwischen der Nato und Russland. Russland möchte einen neuen Vertrag über die europäische Sicherheitsstruktur und wünscht organisatorische Änderungen in der OSZE. Die USA meinen, man solle erst einmal die vorhandenen Strukturen nutzen und die vereinbarten Prinzipien auch umsetzen. Nach Darstellung Phil Gordons besteht eine weitgehende Einmütigkeit zwischen Deutschland und den USA in diesen Fragen.

In Deauville zeigte Merkel jedoch Verständnis für Russlands Wünsche. „Wir brauchen ein modernes, zeitgemäßes Abkommen.“ Sarkozy äußerte den Wunsch, dass es in „zehn bis 15 Jahren“ einen gemeinsamen Wirtschafts- und Sicherheitsraum Russlands mit der EU gebe.

Vor dem Dreiergipfel mit Medwedew hatten sich Merkel und Sarkozy unter vier Augen getroffen, um über den Euro-Stabilitätspakt zu sprechen. Beide bekräftigten, sie wollten die Strafen für Defizitsünder in der EU erhöhen. „Wenn ein Land ein exzessives Defizit hat und sechs Monate lang nichts unternimmt, muss es Sanktionen geben“, sagte Sarkozy. Dafür müssen allerdings die EU-Verträge geändert werden.

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