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Politik: Zuwanderung: Ein Ungenügend für Deutschlands Umgang mit den Ausländern. Der Europarat klagt über zu viele Vorurteile und wenig Integration

Die Wortwahl lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. In der Bundesrepublik herrsche ein "allgemeines Klima von Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz", es gebe - in Ost und West - "offene oder latente" Ausländerfeindlichkeit und eine gewisse "Apathie" gegenüber rassistisch motivierten Straftaten.

Die Wortwahl lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. In der Bundesrepublik herrsche ein "allgemeines Klima von Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz", es gebe - in Ost und West - "offene oder latente" Ausländerfeindlichkeit und eine gewisse "Apathie" gegenüber rassistisch motivierten Straftaten. Schlechte Noten gibt es auch für die Bekämpfung der gesellschaftlichen Probleme: "Der bestehende Gesetzesrahmen und die politischen Maßnahmen haben sich als unzureichend erwiesen." Zu diesem wenig schmeichelhaften Ergebnis kommt eine Studie der "Kommission gegen Rassismus und Intoleranz" des Europarates in Straßburg, die am Dienstag vorgestellt wurde.

Die Grundlage für den mittlerweile zweiten Deutschland-Bericht (der erste wurde 1998 veröffentlicht) ist ein Besuch der Berichterstatter der Kommission im Oktober vergangenen Jahres. Vier Tage lang gab es Gespräche mit Vertretern verschiedener Ministerien, Behörden und Nichtregierungs-Organisationen. Was die Delegation zu hören bekam über den Umgang mit Ausländern, Flüchtlingen und Asylbewerbern, hat sie veranlasst, in ihrem 38-seitigen Dossier wenig zu loben, aber viel zu beklagen.

Mangelhafte Aufklärung

Zum Beispiel bei der Einbürgerung von Ausländern. So sei das neue Staatsangehörigkeits-Gesetz zwar eine "positive Entwicklung", doch der Kommission geht diese Regelung mit Blick auf europäische Praktiken nicht weit genug. Sie fordert deshalb Deutschland auf, "seine Haltung zum Erwerb der doppelten Staatsangehörigkeit zu überdenken". Flexibler müsse diese Frage gehandhabt werden. Und Vorurteilen sollte durch Aufklärung begegnet werden. Vor allem öffentliche Amtsträger seien hier gefordert. Sie sollten sich bemühen, "das Thema in der Öffentlichkeit zu entdramatisieren". Die Besorgnisse seien ohnehin mehr psychologischer Art und entsprächen nicht der Wirklichkeit. Generell werde zu wenig getan, um Ausländer dauerhaft zu integrieren. Dazu gehöre auch, dass sich Deutschland - trotz der vielen Zuwanderer - immer noch nicht als Einwanderungsland betrachte.

Noch schlechter bewerten die EU-Experten die Lage der Flüchtlinge und Asylbewerber. Besorgt ist man darüber, dass Menschen ausgewiesen würden, die Gefahr laufen, Opfer von Menschenrechtsverletzungen in ihrem Herkunftsland zu werden. Im Grunde verstoße die Bundesrepublik mit dieser Praxis gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung und Artikel 3 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte. Die Kommission rügt zudem die Dauer des Asylverfahrens und die schlechten Lebensbedingungen der Asylbewerber, die diskriminierende Klischees förderten.

Überhaupt die Vorurteile. Auch Debatten tragen dazu bei, diese zu verstärken. Große Sorge bereitet den Kommissions-Mitgliedern etwa die von der Union initiierte Diskussion über Leitkultur: "Der Begriff spiegelt ein Konzept der deutschen Identität als homogene Gesellschaft wider und die Angst vor den Auswirkungen der Vielfalt auf die Kultur und die Identität." Der wichtige Beitrag von Minderheiten werde damit schlichtweg außer Acht gelassen.

Deutschland bekam übrigens die Gelegenheit zu einer Stellungnahme. Zerknirscht ob der Klagen? Mitnichten. Viele Kritikpunkte wie der Hinweis auf unzureichende Maßnahmen zur Integration seien in unzulässigerweise pauschal. Auch das Vorgehen gegen Rassismus werde nicht ausreichend gewürdigt: "Die Aufgaben der Bekämpfung von Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz sind in Deutschland rechtzeitig erkannt und anerkannt worden."

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