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Politik: Zwei gegen Merkel

Die Union findet keine einheitliche Position zur Steuerreform. Koch und Merz stellen sich gegen die Parteichefin

Von Robert Birnbaum

Es sollte ein Befreiungsschlag werden, aber es wirkt, wie ein CDU-Abgeordneter sarkastisch formuliert, „eher wie ein Schlag ins Wasser“. Am Montag hat die Union so vielstimmig auf den Steuerreform-Plan der Regierung reagiert, dass alle nur „Blockade“ verstanden. Am Dienstag haben die Parteivorsitzenden Angela Merkel und Edmund Stoiber dagegenzuhalten versucht und ihre Mitarbeit am Vorziehen der Steuerreform 2005 angeboten. Am Mittwoch ist alles wie vorher, nur schlimmer. Durch die Union geht nicht nur ein Riss in der Sache. Zum ersten Mal hat auch der schwelende Machtkampf ein Thema gefunden. Im Steuerstreit macht Roland Koch offen Front gegen Merkel.

In einem Beitrag für die FAZ hat der Hesse sein Nein formuliert. „Ich kenne niemanden, der sich nicht freut, wenn die Steuern sinken“, schreibt er. Aber was Kanzler Gerhard Schröder da vorgelegt habe, sei nichts weiter als ein „durchaus gelungener trickreicher Tagesgag“. Unbezahlbar, wirkungslos, weil ohne Strukturreformen die Steuersenkung verpuffe, zudem weder durch Sparen noch durch Subventionsabbau, sondern nur durch Schulden finanzierbar – so Kochs Einwände.

Auch wenn er sich gegen die Stimmung im Land stelle, er habe es immer so gehalten, heute das zu sagen, was auch danach Bestand habe, sagt er später vor Journalisten in Wiesbaden. Sekundiert wird Koch von Vize- Fraktionschef Friedrich Merz. Der hat am Dienstagabend in der Fraktion bekräftigt, dass er für eine Steuerreform keinen Spielraum sehe. „Den Weg gehe ich nicht mit“, bekräftigt er am Mittwoch. Er wisse „nicht, welche Wege Herr Stoiber und Frau Merkel suchen“. Und: Man könne doch nicht „wie ein aufgeschreckter Hühnerhaufen“ auf einen „Gag“ der Regierung reagieren!

Der Konflikt kommt nicht ganz überraschend. Vorigen Donnerstag hatten die Ministerpräsidenten der Union plus Merkel versucht, die Reaktion auf Schröders absehbaren Steuerreform-Vorschlag abzustimmen. Koch, so berichten Teilnehmer, hatte eine Sprachregelung dabei: Im Prinzip Ja, aber nur, wenn die Steuersenkung ohne neue Schulden und nicht zu Lasten der Länder und Gemeinden finanziert wird und wenn der Bund sich nicht 2005 mit neuen Steuererhöhungen schadlos hält.

Aber der Niedersachse Christian Wulff widersprach. Ein solcher Beschluss würde über die Forderung nach einer „seriösen Gegenfinanzierung“ hinausgehen, auf die sich die CDU-Spitze in ihrer Klausur in Bad Saarow geeinigt hatte – und würde also Merkel desavouieren. Koch war nicht in Bad Saarow, weil der Termin auf den „Hessentag“ fiel. So ging die Runde ohne Einigung auseinander – das Chaos nahm seinen Lauf.

Dass Koch sich nun hart zeigt, wird in Berlin wie in München mit dem Hinweis kommentiert, als Ministerpräsident ohne Koalition könne der Mann sich Kompromisslosigkeit leisten. Der Unionsführung indes steckt noch jener 14. Juli 2000 in den Knochen, als die Unionsländer-Front gegen Hans Eichels erste Steuerreform zusammenbrach. Diesmal plädieren wichtige Unionsländer wie Baden-Württemberg unter Erwin Teufel und Thüringen unter Dieter Althaus sogar schon heute für die Steuersenkung – selbst um den Preis etwas höherer Schulden. Mangels fester Abwehrfront habe die Union sich gesprächsbereit zeigen müssen, um nicht als Blockierer verschrieen zu sein.

Merkel ging ihren Stellvertreter Merz hart an. In der „Welt“ wird sie zitiert mit dem Satz: „Es gibt offensichtlich Leute, die nicht die Absicht haben zu kapieren, worum es in der Auseinandersetzung mit der Bundesregierung geht.“ Die rot-grüne Koalition wolle nämlich die Union „in eine Falle locken, damit wir ihre Detailarbeit machen“. Merkel betonte, die Opposition könne nicht die Arbeit der Regierung erledigen, die ein Finanzierungskonzept vorlegen müsse.

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