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Politik: Zweiter Anlauf fürs Klima

Sarkozy hält an einer umstrittenen CO2-Steuer fest – sie soll zum 1. Juli kommen

Berlin - Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hält an einer Kohlendioxidsteuer fest, die vor allem Frankreichs Haushalte und Autofahrer demnächst zu zahlen haben. Nachdem der französische Verfassungsrat die Abgabe Ende Dezember gestoppt hatte, gab Regierungssprecher Luc Chatel am Dienstag ein neues Datum für das Inkrafttreten der Steuer bekannt. Als Zielmarke für Sarkozys Vorzeigeprojekt, die der Präsident im vergangenen Jahr noch als „Steuerrevolution“ gepriesen hatte, gilt jetzt der 1. Juli 2010. Der Verfassungsrat hatte die CO2-Steuer, die ursprünglich mit dem Neujahrstag hätte wirksam werden sollen, wegen der großzügigen Ausnahmen für die Industrie gekippt.

Das im vergangenen Jahr vom Parlament verabschiedete Gesetz zur Einführung der Kohlendioxidsteuer hätte vor allem Frankreichs Autofahrer an der Zapfsäule belastet. Sie hätten zwischen 4,1 und 4,5 Cent für jeden Liter Benzin zusätzlich zahlen müssen. Auch bei den Kosten für Gas und Heizöl sollten die Bürger zusätzlich zur Kasse gebeten werden. Dafür hätten sie von Steuererleichterungen an anderer Stelle und – im Fall von Geringverdienern – von „grünen Schecks“ profitieren können. Diese Schecks soll es auch bei der Neufassung des Gesetzes geben, kündigte Regierungssprecher Chatel an.

Unklar bleibt aber weiterhin, wie stark Frankreichs Industrie mit der neuen Abgabe beim Klimaschutz in die Pflicht genommen werden soll. Der Verfassungsrat hatte das Gesetz vor allem deshalb zu Fall gebracht, weil es Ausnahmen für insgesamt 1018 Unternehmen mit einem besonders hohen CO2-Ausstoß vorsah. Das Gremium monierte, dass „weniger als die Hälfte aller CO2-Emissionen“ von der neuen Steuer erfasst würden. Ausnahmen gab es für Raffinerien, Zementfabriken, Kohle- und Gaskraftwerke sowie Spediteure und Fluggesellschaften. Angesichts der großzügigen Ausnahmen erschien es fraglich, ob Frankreich tatsächlich mit Hilfe der Klimasteuer bis 2050 seinen CO2-Ausstoß um drei Viertel zurückschrauben kann, wie es Sarkozy noch vor dem gescheiterten Kopenhagener Klimagipfel angekündigt hatte. Bei einer Neufassung der Klimasteuer dürfte die Industrie nun nicht ganz so ungeschoren davonkommen wie beim ersten Anlauf. Wirtschaftsministerin Christine Lagarde stellte aber Unternehmen mit hohem CO2-Ausstoß dennoch variable Steuersätze in Aussicht, um ihre Wettbewerbschancen nicht zu schmälern.

Mit der Verschiebung der Kohlendioxidsteuer verschafft sich Sarkozy auch politisch etwas Luft. Der jetzt geplante Termin für die Einführung der Abgabe, die laut Umfragen von einer Mehrheit der Franzosen abgelehnt wird, liegt nach den Regionalwahlen im März. Da Sarkozys Regierungspartei UMP dort eine Niederlage befürchten muss, kommt ihr der halbjährige Aufschub nicht völlig ungelegen. Vor allem die oppositionellen Sozialisten hatten den Einspruch des Verfassungsrates gegen die Klimaabgabe als politischen Triumph gefeiert. Sozialisten- Chefin Martine Aubry hatte von einer „schweren Niederlage“ für Sarkozy gesprochen. Der Präsident geht jetzt auf Nummer sicher – und will den Text des neuen Gesetzes erst nach den Regionalwahlen vorstellen lassen.

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