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Kunst im Stadtraum von Werder (Havel): Den „Mauersprung“ geschafft

In den Havelauen soll eine Skulptur des bekannten deutschen Künstlers Eberhard Linke aufgestellt werden. Der Rotary-Club startet dazu eine Spendenaktion - und will sich auch selbst stark beteiligen.

Werder (Havel) - Halb fliegt er, halb stürzt er. Kopf und Gliedmaßen weisen sichtbare Verletzungen auf. Aber so richtig hat sich der Mauerspringer von Eberhard Linke noch nicht von seinem Sockel gelöst. Doch es steckt so viel Kraft und Dynamik in diesem Menschen, dass man sich vorstellen kann, wie er sich – ungeachtet der Verletzungen – aufrichtet und frei wie ein Vogel davonschwebt.

Eberhard Linke gehört zu den bekanntesten deutschen Bildhauern, seine Großskulpturen stehen in vielen deutschen Großstädten, in Frankfurt (Main) und Trier, Dortmund, Mainz und Bremen. Das Thema Mensch und Mauer begleitet sein ganzes Werk. Im kommenden Jahr soll Linkes „Mauersprung“ auf dem neuen Stadtplatz in den Havelauen in Werder aufgestellt werden.

Die Idee ist im vergangenen Herbst bei einer Ausstellungseröffnung in der Stadtgalerie Kunst-Geschoss in Werder entstanden. Kurator Frank W. Weber hatte Eberhard Linke für eine gemeinsame Schau mit der Malerin Carmen Stahlschmidt gewinnen können. Beide stammen aus dem Raum Oppenheim (Rheinland-Pfalz), der Partnerstadt von Werder.

Die Idee entstand bei einer Vernissage im Kunst-Geschoss

Linkes Spezialität ist eine Terrakotta-Aufbau-Technik, die für sich selbst stehen kann, aber auch als Form für Bronzeabgüsse. Schon bei der Vernissage sei die Idee entstanden, eines der Werke, den besonders beeindruckenden Mauersprung, für Werder zu erwerben, sagt Weber. „Es ist die Darstellung eines Menschen, der an Hand und Fuß verletzt, mit einer großen Dynamik eine Mauer überwindet. Ein Hindernis, das den Menschen an Höhe übertrifft.“ Noch sei die Hürde nicht gemeistert, interpretiert Weber das Werk. „Im dynamischen Augenblick des Überwindens durchdringen sich Körper und Mauerkante.“

Die Figur sei ein existentielles Gleichnis, der Sprung eine Etappe im permanenten Hindernislauf des Lebens. Linke hat den „Mauersprung“ im Jahr 2004 geschaffen, eine Zeit, als die Geschichte Mauersprünge inmitten Deutschlands längst unnötig gemacht hat. Der Künstler hatte dieses Werk in Terrakotta bisher für unverkäuflich erklärt, weil er es für einen Bronzeguss reserviert hatte.

Frank W. Weber ist Mitglied des Rotary-Clubs in Werder. Noch bei der Vernissage wurde von Clubmitgliedern die Idee entwickelt, für einen Bronzeguss der Plastik Geld zu sammeln und die Skulptur zentral in der Stadt auszustellen. Die Plastik sei ein Sinnbild für alles, was in Werder seit der Wende erreicht wurde, so Weber. So sieht es auch Rotary-Club-Sprecherin Gabriele Richter.

Skulptur soll am neuen Stadtplatz in den Havelauen stehen

Nach Wunsch der Initiatoren soll die Skulptur in Werders prosperierendem Stadtteil, den Havelauen, aufgestellt werden – genauer gesagt am neuen Stadtplatz der Hafenpromenade. „Die dynamische Entwicklung eines völlig neuen Stadtgebietes und der Zuzug ist Beweis für den Mauersprung, den wir alle gemeinsam absolviert und das Danach gestaltet haben“, meint Richter im Gespräch mit den PNN. Die Skulptur könne aber auch als Symbol für die Geschichte der Havelauen in den letzten achtzig Jahren gesehen werden. Die Kosten für den aufwendigen Bronzeguss belaufen sich auf etwa 24 000 Euro.

Der Rotary-Club Werder (Havel) will dafür eine Spendenaktion initiieren. „Wir bieten allen Mitbürgern, Betrieben, Institutionen und Schulen, denen der bewusste Umgang mit unserer Geschichte und den vor uns liegenden Aufgaben wichtig ist, die Möglichkeit, sich finanziell zu beteiligen“, sagt Richter. Nach dem Vorbild der Bismarckhöhe-Aktien erhält jeder Spender als symbolischen Gegenwert ab 20 Euro eine künstlerisch gestaltete Aktie, die bildlich seine Beteiligung bezeugt. Bei Sponsoren größerer Beträge ist die namentliche Nennung am Sockel der Plastik vorgesehen.

Der Künstler selbst begrüßt die Aktion

Die Rotary-Mitglieder selbst wollen einen stattlichen Anteil der Kosten übernehmen und gegebenenfalls auch für den Differenzbetrag aufkommen, der nach der Sammlung offen bleibt. Die Aufstellung sei im Sommer nächsten Jahres zum 700. Stadtjubiläum geplant. Auch die Havelauen-Projektentwicklungsgesellschaft will sich beteiligen, indem sie kostenlos einen Granitsockel baut. Die Bronze soll in zwei Metern Höhe schweben.

Der Künstler selbst begrüßt die Aktion. Eine ähnliche Skulptur habe er schon 1968 modelliert und zunächst nicht gewusst, wie sie aufzustellen ist. „Eisenstangen kamen mir zu künstlich vor.“ Bei einem Umzug habe er die Skulptur weggeworfen.  Jahre später sei ihm die Idee gekommen, wie er die Skulptur mit dem Sockel verbinden kann, so der 79-jährige Künstler. Für die Bronze müsse eine Silikonform mit Wachs ausgegossen, die Wachsform mit Keramik umhüllt werden, in der die Bronze entsteht. „Das Original leidet“, sagt der Künstler. Doch das Ergebnis sei es wert.

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