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Man tut sich nicht weh. Zumindest sagen das die Standbetreiber von Karls und Fruchthandel Friedrich.

© Johanna Bergmann

Karls Erdbeerhof und Bauern aus Potsdam-Mittelmark: Ein bisschen Obstbau-Disney

Karls Erdbeerhof ist mit seinen Ständen omnipräsent. An Obstbauern aus Potsdam-Mittelmark geht die Konkurrenz nicht vorbei, dennoch gibt es kaum ein böses Wort.

Werder (Havel) - Der Fruchthandel Friedrich, der Saisonfrüchte aus Werder (Havel) vermarktet, darunter natürlich auch Erdbeeren, hat an der Tramhaltestelle am Platz der Einheit einen guten Standort. Doch nur einen Steinwurf entfernt steht die allgegenwärtige rote Erdbeere von Karls. Hauen und Stechen? Knallharter Wettbewerb? „Wir tun uns nicht weh“, versichert der Händler aus Werder. „Wer regional kaufen will, der kauft bei uns.“ Auch der Karls-Händler mit einer Brille, rot wie der Stand, hat mit dem Nachbarn kein Problem. „Wir haben die teuersten, aber auch die besten Erdbeeren“, sagt er selbstbewusst. Ein friedliches Miteinander also?

Karls Erdbeerhof: Erdbeeren auf 350 Fußballfeldern

Nicht ganz: Karls Erdbeerhof ist in Berlin und rundherum omnipräsent, das Unternehmen aus Rövershagen bei Rostock baut nach eigenen Angaben Erdbeeren auf 250 Hektar an, das sind 350 Fußballfelder – und verkauft die Hälfte des Ertrags an Stände in Erdbeerform in Berlin-Brandenburg. Kein Obstbauer in der Region hat derartige Erdbeerflächen. Stefan Lindicke aus Werder kann deshalb auch nicht behaupten, dass die mecklenburgische Marktmacht an hiesigen Bauern vorbeigeht. Auf Wochenmärkten bekomme man Karls Präsenz heftig zu spüren.

Man kratze sich aber auch nicht die Augen aus, sagt der Geschäftsführer des Werderschen Obst- und Gartenbauvereins, der in seinem eigenen Obsthof 1,5 Hektar Erdbeeracker hat. Lindicke ist nicht glücklich über Karls, spricht aber mit Respekt über die Rostocker Beerenschmiede, schaut sich an, wie man in „dieser Liga“ spielt. Er rätsele häufig, wie es „die roten Plastikerdbeeren“ in die Nähe von Berliner S-Bahnhöfen oder vor Supermärkte schaffen, wo Werdersche Direktvermarkter keine Chance auf einen Stand hätten. „Der muss gut verhandeln.“

Die Fruchtqualität sei in Ordnung, auch wenn regionale Bauern durch seltene Sorten hier und da die Nase vorn hätten, sagt Lindicke. Wie Werders Obstbauern setzt Karls auf eine naturnahe, integrierte Produktion mit minimalem Einsatz von Pestiziden. Karls rufe auch keine Kampfpreise auf, sei in diesem Jahr bislang nie unter Kilopreise von fünf Euro gerutscht. „Wir orientieren uns an den Preisen von Karls“, gesteht Lindicke.

"Wer frische Erdbeeren von Brandenburger Bauern will, muss zu uns"

Der Kundschaft gibt er allerdings zu bedenken, dass Karls mit seinen durchweg aus Mecklenburg stammenden Früchten kein Direktvermarkter im Sinne des Wortes sei. „Wer frische Erdbeeren von Brandenburger Bauern will, muss zu uns.“ Ähnlich sieht es Andreas Jende, Geschäftsführer vom Landesverband Gartenbau Berlin-Brandenburg. „Karls ist mit seinen Erlebnishöfen ein Imageträger, kein klassischer Direktvermarkter.“

Die Konkurrenz sei nicht ohne, hinter den Kulissen werde teils heftig um gute Standplätze gekämpft, stellt Jende klar. Heimische Vermarkter könnten dennoch von Karls lernen, dass man mit innovativen Ideen seine Produkte zu guten Preisen absetzen könne. „Es ist heute mehr nötig als den Tapeziertisch aufzuklappen“, sagt Jende. Man könne die fünf deutschlandweit bestehenden Karls-Erlebnisdörfer als Obstbau-Disney belächeln – oder sich die Idee dahinter anschauen: „Es geht nicht nur um die Erdbeere, sondern auch um einen Zusatzwert.“

Konkurrenz belebe das Geschäft

Das weiß auch Ernst-August Winkelmann, der mit seinem man setze auf Spargel und Heidelbeeren.

Und was sagt Karls? Geht es weiter mit der Expansion? Wird man den Erdbeeranbau hiesiger Obstbauern vom Platz fegen? Geschäftsführer Robert Dahl, der das Unternehmen in dritter Generation führt, betont, dass Karls im Berliner Raum schrittweise gewachsen sei, dass man nie einen Obstbauern vom angestammten Marktplatz verdrängt habe. „Wir verhalten uns kollegial. Wir merken ja auch, wenn neben uns ein anderer steht.“

Hälfte der 150 Erdbeer-Stände in Brandenburg

Vor 20 Jahren sei man mit fünf Ständen in Berlin gestartet, seit einigen Jahren sei man mit 150 Ständen, knapp die Hälfte davon in Brandenburg, auf gleichbleibendem Niveau. Ausbauen wolle man die Länge der Saison, Karls hat durch seine Sortenstruktur immer etwas früher und etwas länger Erdbeeren auf dem Markt. „Bei den frühen Erdbeeren fehlt noch was, es dauert zu lange, bis alle Stände auf sind“, sagt Dahl. Dafür habe man in der Saisonmitte, wenn auch die Brandenburger Bauern verkaufen, ein Überangebot.

Ist Karls überhaupt ein Direktvermarkter? Dahl gibt zu, dass seine Erdbeeren nicht aus Brandenburg kommen, trotzdem sei er ein „lupenreiner Direktvermarkter“, ein Bauer, der seine Erzeugnisse selbst verkauft und nicht im Supermarkt, der auf Geschmack und nicht auf Transportfähigkeit setze. Er habe ja auch mal klein angefangen, betont Dahl. Und wie geht es weiter?

Robert Dahl hat gerade den Hof seines im März verstorbenen Vaters geerbt, mit noch mal 70 Hektar Erdbeerfläche in Warnsdorf bei Lübeck, die bei der Marmeladenfabrik Schwartau und als „Ostseeperlen“ in Supermärkten vermarktet werden. „Wir haben noch kein Konzept, wie wir damit umgehen."

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