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Potsdam-Mittelmark: Weltkongress für eine kleine Beere

260 Experten aus 29 Ländern beraten in Potsdam über Anbau und Verarbeitung von Sanddorn. Die Petzower Unternehmerin Christine Berger ist dabei eine gefragte Gesprächspartnerin

Potsdam / Werder (Havel) - Schon Dschingis Khan wusste Anfang des 13. Jahrhunderts um die heilende Wirkung des Sanddorns, und auch Juri Gagarin hatte 1961 bei seinem Flug zu den Sternen eine Flasche mit Sanddornkernöl im Gepäck. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Superfrucht international jedoch noch einmal einen ungeheuren Aufschwung genommen. Seit Montag beraten rund 260 Experten aus 29 Ländern in der Potsdamer Biosphäre auf dem 6. Sanddorn-Weltkongress über den neuesten Stand in Sachen Züchtung, Anbau, Ernte und Verarbeitung der vitaminreichen Frucht.

„Es ist großartig, dass wir den Kongress nach Potsdam holen konnten und eine Anerkennung für all jene, die sich in Brandenburg um den Sanddornanbau verdient gemacht haben“, sagte Christine Berger, die auf dem Expertentreff eine gefragte Gesprächspartnerin ist. Als sie vor gut 20 Jahren in der ehemaligen Gärtnerei Petzow mit der Verarbeitung von Sanddorn begann, war die Frucht in weiten Teilen Deutschlands noch unbekannt. Ursprünglich sollten die kleinen Beeren nur als Vitamin-C-Spender in der Verarbeitungsindustrie eingesetzt werden. Zu diesem Zweck wurden zu DDR-Zeiten Stecklinge aus der Mongolei eingeführt, um daraus neue ertragreiche Sorten zu züchten.

Christine Berger hat dieses Know-how aufgegriffen und gezeigt, dass noch viel mehr in den kleinen Beeren steckt. Mit 100 Hektar gehört der Firma Berger mittlerweile etwa ein Drittel der Sanddornfläche in Brandenburg. Die Produktpalette ihres mittelständischen Betriebes reicht von Säften über Likör, Wein und Fruchtaufstrichen bis hin zu einer Kosmetiklinie – Sanddorn in mehr als 70 Variationen.

Vor allem diese in Brandenburg gesammelten Erfahrungen im Plantagenbau und bei der Produktinnovation seien für viele Sanddorn-Anbauer aus anderen Ländern von großem Interesse, sagte Agrarstaatssekretärin Kathrin Schneider zur Eröffnung der Konferenz. „Wir sind an einer Zusammenarbeit auf diesem Gebiet sehr interessiert“, erklärte auch der indische Wissenschaftler Virendra Singh, einer der führenden Sanddorn-Forscher seines Landes, am Rande der Konferenz im Gespräch mit den PNN.

Indien widmet sich verstärkt seit den 1990er-Jahren dem Anbau und der Verarbeitung der kleinen leuchtenden Beeren. „Geforscht wird hauptsächlich in den Höhenlagen der Himalaya-Gebiete“, so Virendra Singh. Auch das Verteidigungsministerium ist dabei involviert, wohl auch mit dem Ziel, mit Sanddornprodukten die Gesundheit von Soldaten zu stärken, die in extremen Höhenlagen großen Belastungen ausgesetzt sind. Insgesamt wächst der Sanddorn in Indien auf 12 000 Hektar.

Anbauland Nummer eins ist weltweit indes China mit einer Fläche von 1,6 Millionen Hektar. Dort ist der Sanddorn in der Vergangenheit oft jedoch vorrangig zur Erosionsvermeidung gepflanzt worden – eine Eigenschaft, die auch in Brandenburg künftig zur Rekultivierung von Bergbaulandschaften genutzt werden könnte. Mittlerweile gebe es in China aber ebenso 200 Betriebe, die Sanddorn verarbeiten, heißt es in einer Broschüre, die das brandenburgische Agrarministerium anlässlich des Weltkongresses herausgegeben hat. 95 Prozent der weltweiten Ernte stammen aus dem Reich der Mitte.

Platz zwei in der Welt nimmt Russland mit 55 000 Hektar Sanddornkulturen ein. Lange Zeit wurde dort aus der Frucht vor allem das Öl als traditionelles Heil- und Pflegemittel gewonnen. Es wirkt antibakteriell und entzündungshemmend – in Russland wird es gern auch bei Diabetes und Herzerkrankungen eingesetzt. Es gilt als cholesterin- und blutdrucksenkendes Mittel. Jetzt sammelt man in Russland aber auch zunehmend Erfahrungen bei der Herstellung von Saft und Saftprodukten.

Die Zahl der Staaten, die in den Anbau von Sanddorn investieren, wächst stetig. Auch vergleichsweise kleine Länder wie Litauen und Estland verfügen bereits über Anbauflächen von je rund tausend Hektar. Für das große Potenzial des Sanddorns auf dem wachsenden Gesundheits- und Wellnessmarkt in seinem Heimatland wirbt ebenso seit Jahren der aus Großbritannien zum Weltkongress nach Potsdam angereiste Obstbauexperte David Eagle.

„Auch wir können auf dieser Konferenz dazulernen und sehen, wie wir im Weltmaßstab stehen“, so Christine Berger, die mit ihrer Firma erste Wirtschaftskontakte zu Partnern in Südkorea und Japan sowie in einigen europäischen Ländern aufgebaut hat. „Unser großes Plus ist, dass Anbau, Verarbeitung und Vermarktung in einer Hand liegen“, so Berger. Wie das in ihrem Familienunternehmen funktioniert, davon können sich die Kongressteilnehmer am Donnerstag bei einer Exkursion nach Potsdam überzeugen.

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