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Alles auf den Wachtelberg! Die Preisträger gestern mit Blütenkönigin Tamara Thierschmann, Weinkönig Michael Großwendt, Landrat und 1. Beigeordnetem.

© A. Klaer

Ernährungswirtschaft in Werder (Havel): Zeigen, was man hat

Wie Werders Ernährungswirtschaft zur Erfolgsgeschichte werden könnte und wie die Stadt dabei hilft.

Werder (Havel) - Michael Schultz ist ein Unternehmer, wie ihn sich eine Stadt nur wünschen kann. Der Glindower Siedlerhof, den er mit seiner Familie betreibt, hat seit der Wende eine beispiellose Erfolgsstory hingelegt. Seit zwölf Jahren konzentriert sich der Obsthof mit seiner Destille ganz auf die Veredelung der Ernte. Die Obstweine und Obstbrände aus Elisabethhöhe haben viele Liebhaber gefunden. Und seit einigen Jahren ist auch noch Glina, ein wiederholt preisgekrönter Whisky, hinzugekommen.

Die Expansion geht weiter: Noch vor der Baumblüte will der Siedlerhof eine neue Schauproduktion in Betrieb nehmen, wie Schultze bei einem Pressetermin im Scharfrichterhaus in Werder sagte. Stadt und Landkreis würdigten dort gestern fünf regionale Unternehmen, die sich durch ihre Kreativität um die Ernährungswirtschaft verdient gemacht haben und dafür in jüngster Zeit Auszeichnungen in Empfang genommen haben. Schultze etwa bekam für die Vermarktung seiner neuen Erlebniswelt einen Marketingpreis des Verbands pro agro.

Werders 1. Beigeordneter Christian Große (CDU) sprach von Leistungsträgern mit einer Strahlkraft, die weit über die Landesgrenzen hinausreiche. Landrat Wolfgang Blasig (SPD) stimmte zu, dass die Ernährungswirtschaft gerade im Raum Werder-Beelitz inzwischen einiges zu bieten habe. Aus kleinen Pflänzchen, wie dem Sanddornhof von Christine Berger, seien „Global Player“ worden.

Die Petzower Sanddornschmiede ist seit der Wende deutschlandweit zum führenden Anbieter von Sanddornprodukten gewachsen. Zu Säften, Weinen, Schokoladen und Kosmetikartikeln wird die gesunde Frucht verarbeitet, inzwischen gebe es über 70 unterschiedliche Produkte, sagte Inhaberin Christine Berger.

Wurden in den 90er-Jahren jährlich 40 Tonnen Sanddorn verarbeitet, so seien es inzwischen 1000 Tonnen. Erst auf der Grünen Woche hat Bergers „Brandenburger Apfel-Sanddornsaft“ den Edeka-Regionalpreis gewonnen, längst nicht die erste Würdigung für die Qualitätsprodukte aus Petzow.

Supermärkte sind für die kleinen regionalen Anbieter mittlerweile eine wichtige Absatzschiene geworden, hieß es von den Betrieben gestern unisono. Ketten wie Edeka und Reichelt setzten auf Regionalität, würden ihre Mitarbeiter sogar schulen, damit sie regionale Produkte an den Kunden bringen. Solchen Einsatz würden sich Unternehmen wie Weinbau Lindicke bisweilen auch von der örtlichen Gastronomie wünschen.

Zwar sei in den vergangenen Jahren einiges in Bewegung gekommen, sagte Vertriebschefin Katharina Lindicke. „Der Trend zu mehr Regionalität spielt uns zu.“ Zurücklehnen könne man sich, was das Interesse regionaler Gastgeber am Wachtelberg-Wein angeht, aber nicht.

Dass es sich die Qualität mit bekannten Weinbauregionen messen kann, hat jüngst erst eine Verkostung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft gezeigt: Der drei Jahre alte Regent im Holzfass wurde mit der Höchstpunktzahl prämiert. Solche und andere Würdigungen würden das Ansehen Werders gegenüber anderen Weinbauregionen erheblich steigern, sagte Lindicke. Zusammen mit Produkten wie dem Dithmarschen Geflügel aus Seddiner See – ebenfalls gerade mit dem pro-agro-Marketingpreis geehrt – ließe sich der Tisch also reich decken.

Dass es auch im Gastronomiebereich Leuchttürme gibt, die voll auf „Regio“ setzen, zeigt ein Projekt, dass im Wildenbrucher Restaurant Zur Linde geboren wurde: Mit Partnern aus der Ernährungswirtschaft und der Touristikbranche, Galerien, Museen und engagierten Gastgebern wurden unter dem Label „Lindenakademie“ inzwischen neun sogenannte Genießertouren rund um Potsdam entwickelt, die auf Wanderkarten mit neckischen Geheimtipps verewigt wurden.

Sich gegenseitig den Rücken stärken, offen zeigen, was man zu bieten hat und gegenseitig für sich werben – das wurde gestern von Brenner Schultz als Weg beschrieben, unternehmerisch gemeinsam weiterzukommen. Rückhalt gibt es dafür aus dem Werderaner Rathaus: Das will bekanntermaßen das Lindowsche Anwesen zur neuen Touristinformation ausbauen – inklusive Vermarktungszentrum für Produkte der regionalen Ernährungswirtschaft, wie Christian Große gestern sagte. 1,5 Millionen Euro sollen in die denkmalgeschützte Anlage am Plantagenplatz investiert werden, laut Große laufen erste Abstimmungen zur Finanzierung. Zur Freude der Unternehmer. Henry Klix

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