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Adam hatte Rudern als Wissenschaft betrachtet und erreichte damit Olympiasiege.

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100. Geburtstag: Karl Adam: Der Ruder-Revolutionär

Vor 100 Jahren wurde Karl Adam geboren, der als Trainer deutsche Ruderer zur Weltklasse führte.

Der mahnende Satz ist geblieben. „Die Struktur der Leistung ist auf allen Gebieten gleich“, heißt es auf dem Denkmal vor dem Eingang des Ratzeburger Ruderclubs. So lautete das Credo von Karl Adam, dem sogenannten Ruderprofessor, der eine ganze Sportart revolutionierte. Der Mann mit der Schiebermütze, der am heutigen Mittwoch 100 Jahre alt geworden wäre, gilt als einer der bedeutendsten deutschen Trainer des 20. Jahrhunderts. „Er war der Prototyp des neuen und modernen Trainers“, sagt Kraft Schepke über seinen Lehrer, der den berühmten Deutschland-Achter zweimal zu Olympiagold führte, 1960 in Rom und 1968 in Mexiko-City.

Die Biografie Adams ist die Geschichte eines Mannes, der aus dem Nichts an die Weltspitze stürmte. Adam, 1912 in Hagen geboren, war eigentlich Boxer, Studenten-Weltmeister im Schwergewicht 1937, und hatte Idole wie Schmeling bewundert. Zum Rudern kam er per Zufall. Nachdem er 1948 als Lehrer für Mathematik, Physik und Leibeserziehung an der Lauenburger Gelehrtenschule gelandet war, „drehte man mir die Schüler-Ruderer an“, spottete er später.

Bald brachte er herausragende Nachwuchsleute hervor, mit Methoden, die im Establishment für Stirnrunzeln sorgten. So entlieh er das Intervalltraining aus der Leichtathletik. Ein wesentlicher neuer Bestandteil war das Krafttraining, hier lernte er von den Gewichthebern. Als er seine Ergebnisse in einem sportwissenschaftlichen Wettbewerb vorstellte, gab es keine Reaktion. „Deshalb wandte ich viel Zeit und Arbeit für den Beweis meiner Methoden auf“, erzählte Adam.

„Er hat Rudern in physikalische Formeln zerlegt“, sagt Schepke. Adam ließ neue Hebelverhältnisse ausprobieren, testete neue Blätter, leichtere Materialien für die Boote, alles so lange, bis Fortschritte erreicht waren. Auch psychologische Experimente, mit denen er seine Athleten zu Höchstleistungen anstachelte, testete er selbst.

Bei der EM 1958 siegte der von ihm und dem Kieler Trainer Frank Wiepcke trainierte Vierer ohne Steuermann. Danach kündigte Adam in der Zeitschrift „Rudersport“ an, er wolle um diese Besatzung herum einen Achter aufbauen. Und dieser Achter, den je vier Athleten aus dem Ruderclub ATV Ditmarsia Kiel und dem Ratzeburger Ruderclub bildeten, fuhr die Konkurrenz in Grund und Boden. Bei der EM 1959 in Macon siegten die „Ratzekieler“ mit dreieinhalb Längen Vorsprung. Dem „Wunder von Macon“ folgte der Olympiasieg in Rom.

Dreimal in Folge wurde der Achter „Mannschaft des Jahres“, bis 1967 holte dieses Boot sieben Titel bei großen Meisterschaften, 1968 folgte Gold in Mexiko. Verehrt wurde Adam weltweit, weil er seine Kenntnisse der Konkurrenz gab. Deshalb verpasste er 1964 Olympia-Gold, als die USA vor Deutschland siegten. Das US-Boot wurde von einem Adam-Schüler trainiert.

Adam verkörperte den demokratischen Leistungssport, weil er Athleten zu Persönlichkeiten erzog. Diese Philosophie, viele Entscheidungen den Athleten zu überlassen, führte aber auch in die Irre. So 1968, als er ein Anabolika-Verbot ablehnte, weil er dies als „unberechtigten Eingriff in seine persönliche Entscheidungsfreiheit“ betrachtete.

1976 starb Adam, nachdem er bei einem Lauf zusammengebrochen war.

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