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11 Freunde Freitags: Fernsehübertragung - Nichts für Kinder

Wenn die Bundesliga bald spät abends spielt, verliert sie die jungen Fans – will sie das wirklich? Über die Bundesliga wurde schon 2005 gestritten, jetzt geht der Rechtepoker in die nächste Runde.

Am letzten Samstag in der Fußballkneipe „Schwalbe“ in Prenzlauer Berg, nachmittags kurz nach vier. Auf den Fernsehern flimmert Bundesliga-Fußball, die Konferenzschaltung des Bezahlsenders Premiere. An den Tischen sitzen Fans des 1.FC Köln, des MSV Duisburg, sogar von Hertha BSC. Was sie über die Vereinsgrenzen hinweg eint, ist ihr Alter. Kaum einer ist jünger als 20, nur wenige sind älter als 40 Jahre.

Für diese Generation gehört der nachmittägliche Besuch einer Fußballkneipe ganz selbstverständlich zum Samstag. Die Sportschau um 18.30 Uhr ist zweite Wahl, fast achselzuckend wird die Möglichkeit diskutiert, dass ab der Saison 2009/10 erst spät am Abend bewegte Bundesliga-Bilder im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sein könnten. Eben das wird immer wahrscheinlicher angesichts des bevorstehenden Rechtepokers und der Tatsache, dass Vertreter der Deutschen Fußball-Liga (DFL), allen voran Geschäftsführer Christian Seifert, darauf hinweisen, dass die Sportschau keinen „Bestandsschutz“ genieße.

Nun ist diese Situation nicht neu. Schon 2005 stand die Sportschau zur Disposition. Damals empörte sich das Fanvolk jedoch derart, dass schließlich sogar der merkantil gesinnte Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sagte: „Wir wollen, dass der FC Bayern von allen gesehen werden kann. Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche nicht erst um 22 Uhr Fußball sehen können.“ Womit Rummenigge bereits einige der Zuschauer benannt hatte, die als Verlierer aus dem Rechtepoker hervorgehen könnten. Eben die Kinder und Jugendlichen, für die die Sportschau am frühen Abend der erste Kontakt zum Bundesliga-Fußball ist, lange bevor sie ins Stadion oder gar in Fußballkneipen gehen.

In dieser Zielgruppe stünde die Bundesliga vor einem Aderlass: Derzeit schauen 230 000 Kinder zwischen 3 und 13 Jahren die Bundesliga in der Sportschau. Bei den Sonntagsspielen um 22 Uhr im Sportkanal DSF sind es nur 10 000 Kinder, bei Premiere ähnlich wenige. Das lässt für den ARD-SportschauChef Steffen Simon nur einen Schluss zu: „Man würde eine ganze Generation verlieren, die man als junge Erwachsene mühsam wieder an die Bundesliga heranführen müsste.“ Zumal Verluste bei jugendlichen Zuschauern Auswirkungen auf viele Bereiche hätten. Noch hat die Bundesliga die europaweit höchsten Werbeerlöse. „Und das liegt daran, dass wir im Free-TV laufen und an jedem Samstag sechs Millionen die Sportschau gucken“, sagt Andreas Rettig, Manager des Zweitligisten FC Augsburg und Vorstandsmitglied der DFL. „Wenn man die Marketingerlöse erhalten will, kann man den Fußball nicht im Pay-TV verstecken, es sei denn, es gibt signifikant höhere Reichweiten.“ Dazu müssten sich ältere Menschen für das Pay-TV entscheiden. Über die Hälfte der Sportschau-Zuschauer ist älter als 50 Jahre. Würden Bundesliga-Bilder erst um 22 Uhr im Free-TV gezeigt, sagen Prognosen einen Verlust von 50 bis 60 Prozent der Zuschauer voraus. Dass die Senioren massenhaft zum Bezahlfernsehen wechseln, erwartet niemand.

Die Bundesliga müsste sich also an einen geringeren Zuspruch gewöhnen, wie ein Blick auf die Entwicklung am Sonntag zeigt. Die Sportschau erzielte früher selbst mit nicht übermäßig aufregenden Partien wie Bayer Leverkusen gegen den Hamburger SV 5,74 Millionen Zuschauer, hinzu kamen eine Million Betrachter des Livespiels bei Premiere. Als hingegen kürzlich der „Super-Sonntag“ mit den Partien Bayern München gegen Werder Bremen und dem Ruhrpottderby Dortmund gegen Schalke ausgerufen wurde, sahen bei Premiere rund 2 Millionen Zuschauer zu, beim DSF 1,55 Millionen – ein Verlust von rund 3,19 Millionen Fans. Das wird beim Rechtepoker eine Rolle spielen. Am Ende wird jedoch entscheidend sein, welche Variante den größten Gewinn verspricht. Für die Liga wohlgemerkt, nicht für die Zuschauer.

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