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Sport: 208 Minuten Hochspannung

Sein letzter Gang ist der schwerste. Die Mütze tief ins Gesicht gezogen, die Augen voller Tränen.

Sein letzter Gang ist der schwerste. Die Mütze tief ins Gesicht gezogen, die Augen voller Tränen. Enttäuschung, Frust, Wut. Zusammen mit seinen Kollegen schlurft Shane Peacock, Verteidiger der München Barons, nach der 1:2-Niederlage nach Penaltyschießen gegen die Kölner Haie noch einmal aufs Eis, um sich von den Fans zu verabschieden. Für ihn ist es vielleicht ein Abschied für immer, denn Peacock wechselt von der Isar an den Rhein. Zu den Haien. Zum kommenden Deutschen Meister?

Am Dienstagabend sind die Kölner diesem Ziel ein gutes Stück näher gekommen. Im fünften und entscheidenden Halbfinalspiel siegten sie in München 2:1 nach Penaltyschießen. Peacock hätte es verhindern können. Nachdem er schon in der regulären Spielzeit mit seinem Tor die Kölner Führung durch Petri Liimatainen ausgeglichen hatte, hatte er in der elften Minute der Verlängerung den Siegtreffer auf dem Schläger, aber irgendwie kam Kölns Torwart Chris Rogles noch an den Puck. Wie so oft an diesem Abend.

Spielerisch wurde nicht viel geboten, aber es war ein dramatischer Schlagabtausch, das größte Spiel, das München seit dem Meistertitel vor zwei Jahren erlebt hat. "Ich bin stolz, Trainer dieser Mannschaft zu sein", sagte Münchens Coach Sean Simpson. Und Kölns verletzter Verteidiger Jörg Mayr fügte hinzu: "Eigentlich hätte so eine Partie keinen Verlierer verdient."

Doch den gab es, um genau 22.28 Uhr nach 208 Minuten Hochspannung. Alex Hicks hatte für Köln getroffen, anschließend hielt Chris Rogles den entscheidenden Penalty des Münchners Mike Kennedy. Für einen Augenblick war es ganz still im Münchner Olympia-Eisstadion, dann begruben 20 jubelnde Kölner Spieler ihren Torwart unter sich.

An der Bande sprang Kölns Trainer Rich Chernomaz wie ein Flummy auf und ab. Für den Kanadier wird es der vorerst einzige Finaleinzug mit den Kölnern bleiben. Sein Nachfolger steht schon fest: Am 1. Juli kommt Hans Zach, der Bundestrainer nach Köln. Das steht seit Ende Januar fest, als Chernomaz für den entlassenen Lance Nethery eingesprungen war. "Damals haben wir ja nicht absehen können, dass wir so weit kommen würden", sagte der Kölner Geschäftsführer Holger Rathke nach der Partie, und es klang ein wenig wie: "So ein Mist, dass wir den Hans Zach schon verpflichtet haben."

Für Zach wird es jetzt jedenfalls schwer in Köln. Die Ansprüche sind gewachsen. Aus dem zerstrittenen Chaosteam, das die Haie noch im Winter waren, hat Chernomaz eine eingeschworene Mannschaft gemacht. Mag der Kanadier wegen seiner harten Methoden auch "Die Axt von Köln" heißen - unter ihm haben die Haie erst den Tabellendritten Krefeld Pinguine in die Sommerpause geschickt, jetzt Vizemeister München ausgeschaltet, und ab Freitag wollen sie im Halbfinale dem großen Favoriten Adler Mannheim das Leben schwer machen. "Natürlich bin ich traurig, dass ich gehen muss", sagte Chernomaz. "Wir haben ein tolles Team, die schönste Halle und tolle Fans." Auch die wollen, dass der Trainer bleibt: "Rich, verlass uns nicht", stand auf einem Plakat. Vorfreude auf Hans Zach klingt anders.

Tim Rotter

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