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Sport: Abgehängt

Lance Armstrong fährt Jan Ullrich bei der ersten Pyrenäen-Etappe davon

Während Ivan Basso und Lance Armstrong von der Ziellinie in Richtung ihrer Mannschaftsbusse rollten, steckten die Wagen ihrer Team-Direktoren im Tour-Verkehrschaos an der Skistation La Mongie fest. Als Bjarne Riis ausstieg, um seinem Fahrer, dem Tagessieger Basso hinterherzulaufen, kreuzten sich seine Blicke kurz mit Johan Bruyneel, dem Mannschaftsleiter des Zweiten Lance Armstrong, der hinter ihm am Steuer des US-Postal-Wagens saß. Bruyneel zwinkerte seinem Kollegen kurz zu und zeigte ihm den erhobenen Daumen – ein kollegialer Glückwunsch unter zwei Gewinnern.

Wenige 100 Meter weiter, am T-Mobile-Mannschaftsbus herrschte derweil keine Zufriedenheit. Andreas Klöden war gerade hinter dem überraschend starken Basso und Lance Armstrong Tages-Dritter geworden und hatte dabei seinem Kapitän Jan Ullrich beinahe zweieinhalb Minuten abgenommen. Ein überraschend starker Klöden, ein überraschend schwacher Ullrich – das Resultat stiftete Verwirrung.

„Als ich gemerkt habe, dass Jan nicht mehr mitkommt, habe ich im Mannschaftswagen gefragt, was ich tun soll“, erzählte Klöden. Die Antwort von Sportdirektor Mario Kummer: erst einmal vorne bleiben. Doch Ullrich erholte sich nicht und so blieb Klöden bis zum Schluss an der Spitze. Nur Armstrong und Basso musste er knapp unterhalb des Gipfels noch davon fahren lassen.

Die Situation produzierte auch nach dem Zieleinlauf bei T-Mobile noch Durcheinander. Klöden sagte, für ihn habe sich dadurch nichts geändert – er werde weiter 100 Prozent für Ullrich fahren. Ullrich selbst war sich über die Team-Hierarchie jedoch nicht mehr so sicher: „Ich werde es weiter versuchen“, sagte er, fügte aber hinzu, er sei froh, mit Klöden nun einen Joker in der Mannschaft zu haben. Außerdem habe er immer gesagt, er werde für den stärksten Mann in der Mannschaft fahren.

Die Hierarchien gerieten indes nicht nur beim Team T-Mobile ins Wanken. Nicht nur Klöden brachte sich plötzlich als neuer Mitbewerber um das Gelbe Trikot ins Gespräch, sondern auch der 26 Jahre alte Ivan Basso, der vor zwei Jahren das Trikot des besten Jungprofis gewonnen hatte. Von den Favoriten Ullrich, Tyler Hamilton, Iban Mayo und Lance Armstrong zeigte hingegen bei der ersten schweren Bergetappe nur Armstrong das, was man von ihm erwartete.

Sowohl Ullrich als auch Armstrong waren von Basso beeindruckt. Armstrong behauptete, dem jungen Basso nicht im Sprint den Sieg geschenkt zu haben und schätzte ihn als „bärenstark“ ein. Ullrich fand Basso „sehr überraschend“. Ein Unbekannter ist Basso allerdings zumindest für Armstrong nicht. Seine Stiftung versucht seit einiger Zeit der krebskranken Mutter Bassos zu helfen, und die beiden sind laut Armstrong „gute Freunde“.

Doch obwohl er ihn kennt, hatte Armstrong Basso zunächst nicht ernst genommen. Zufrieden, Hamilton und Ullrich abgehängt zu haben, fuhr er zunächst ruhig in der Spitzengruppe weiter, als Basso attackierte. Erst als der Vorsprung wuchs, holte Armstrong den Italiener durch einen Kraftakt wieder ein und wirkte dabei weniger souverän als in seinen besten Jahren. Was er selbst bestätigte: „Ich habe mich nicht besonders gut gefühlt.“

Das hatte auch Ullrich nicht. „Ich habe schon am ersten Berg gemerkt, dass ich keinen guten Tag habe.“ Die Kälte in der verregneten Abfahrt vom Aspin hatte ihm dann weitere Kräfte geraubt. Aber trotz des Einbruchs des Deutschen hütet sich Armstrong davor, schon jetzt Ullrich abzuschreiben: „Ullrich ist ein harter Hund. Er gibt nie auf und er hat eine starke letzte Woche.“ Ob diese Prognose eintritt oder nicht, kann das Team T-Mobile indes gelassen auf sich zukommen lassen. Es gibt ja nun eine Alternative.

Heute im Fernsehen:

Die 13. Etappe, Lannemezan – Plateau de Beille, live.

SENDEBEGINN 10.05 Uhr (ARD)

11 Uhr (Eurosport)

Sebastian Moll[La Mongie]

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