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Sport: Abschied einer Generation

Der gute alte Fußball der Franzosen ist am Ende

Zum letzten Mal waren die Laufwege des Zinedine Zidane äußerst verwirrend gewesen: Vom griechischen Strafraum ging er zur Trainerbank, drehte sich nach links, bewegte sich zum Mittelkreis und suchte erst dann, nach einer weiteren Wendung, den direkten Weg in die Kabine. Dabei wehrte er noch mit einem Kopfschütteln das Anliegen des griechischen Mittelfeldspielers Vasilios Tsiartas ab, die Trikots zu tauschen. Zidane wollte wohl sein Hemd als Erinnerungsstück behalten, weil er nach dem Viertelfinale der Europameisterschaft, dem 0:1 gegen Griechenland, vielleicht nicht mehr viele Spiele im Trikot der französischen FußballNationalmannschaft bestreiten wird.

Vor knapp einem Jahr hat Zidane gesagt, dass er auf dem Gipfel aufhören wolle. Nach dieser Europameisterschaft muss man feststellen: Diesen Moment hat der 32-Jährige bereits verpasst. Jacques Santini, der Trainer der französischen Nationalmannschaft, sollte nach der Niederlage gegen die Griechen zu der Beobachtung Stellung nehmen, dass Zidane während des Spiels praktisch unsichtbar gewesen sei. Unter den diplomatischen Nationaltrainern ist Santini der allerdiplomatischste, doch dann sagte er: „Wenn ich vom Mangel an Klarheit in unserem Spiel gesprochen habe, dann habe ich damit auch die Vorbereitung unserer Aktionen gemeint.“ Nur der letzte Rest an diplomatischem Anstand hinderte ihn daran, Zinedine Zidane namentlich für den blutleeren Auftritt im letzten Spiel des gewesenen Europameisters verantwortlich zu machen.

Zweimal im Laufe des Turniers hatte der Superstar des französischen Fußballs noch korrigierend in die Darbietungen seiner Mannschaft eingreifen können. Im ersten Spiel gegen England machte er während der Nachspielzeit mit einem Freistoß und einem Elfmeter innerhalb von 50 Sekunden aus einem 0:1 ein 2:1; und als die Franzosen gegen Kroatien 1:2 in Rückstand gerieten, versammelte er die Mannschaft um sich, um seine Kollegen noch einmal zum Angriff zu animieren. So schafften sie den Ausgleich.

Doch spätestens die bleischwere Vorstellung gegen die mittelmäßigen Kroaten hatte ernste Zweifel an der Qualität dieses französischen Teams genährt, in der allein der Mann sein volles Leistungsvermögen erreichte, der vor dem Turnier als größter Unsicherheitsfaktor gegolten hatte: Torhüter Fabien Barthez. Die anderen Ausnahmefußballer?

Zidane: mühsam. Trezeguet: harmlos. Vieira: unsichtbar. Silvestre: gemeingefährlich. Desailly: haarsträubend. Henry: verloren im Niemandsland. Pires: wer? Das Ausscheiden gegen die Griechen war die logische Fortsetzung einer Entwicklung, die die Mannschaft sehr wohl erkannt hatte, der sie jedoch nicht hatte entgegenwirken können. „Die Niederlage ist keine Überraschung“, sagte Zidane. „Wir waren einfach zu schlecht.“

Die Franzosen hatten gespielt, wie ihr Trainer redet: reserviert, zurückhaltend, diplomatisch. Aber die Niederlage gegen die Griechen war nicht nur das Ende der Diplomatie, sondern auch das Ende einer Ära im Weltfußball. Mit dem Ausscheiden verabschiedet sich die französische Weltmeistermannschaft von 1998, deren Spieler noch immer den Kern des aktuellen Teams bildeten. Neun Weltmeister von vor sechs Jahren gehörten dem Kader für diese Europameisterschaft an, sieben von ihnen standen gegen die Griechen auf dem Platz.

„Die Spieler müssen selbst entscheiden, was sie tun wollen“, sagte Santini, der in der neuen Saison Trainer bei Tottenham Hotspur wird. Mit dem Neuaufbau wird sich sein noch nicht gefundener Nachfolger beschäftigen müssen. Bixente Lizarazu, 33 Jahre alt, wurde nach dem Spiel gefragt, ob er seine Karriere in der Nationalmannschaft beenden werde. „Das ist nicht der richtige Moment, um darüber zu reden“, antwortete er. Aber es ist der richtige Moment, darüber nachzudenken.

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