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Sport: Alex Alves weicht mit dem Tor gegen die Bayern das Konfliktpotenzial um seinen Transfer auf

Während Jürgen Röber in der Halbzeitpause in der Kabine sagte: "Männer, ihr müsst Geduld haben, ihr kriegt schon eure Chance", hatte Dieter Hoeneß genug vom Stillhalten. Er machte sich auf die Strümpfe und verließ seine Sitzschale auf der Tribüne.

Während Jürgen Röber in der Halbzeitpause in der Kabine sagte: "Männer, ihr müsst Geduld haben, ihr kriegt schon eure Chance", hatte Dieter Hoeneß genug vom Stillhalten. Er machte sich auf die Strümpfe und verließ seine Sitzschale auf der Tribüne. Der Manager bezog wie so oft Stellung hinter der Ersatzbank der Berliner, die im ersten Abschnitt gegen Bayern München in Rücklage geraten waren. Doch noch nie so früh war er auf Tuchfühlung mit dem Geschehen auf dem Rasen gegangen. "Es musste heute einfach sein. Ich habe mich geärgert, dass wir unverdient hinten lagen", sagte er, "ich habe es oben nicht ausgehalten." Und es dauerte auch nicht lange, bis sich "der Lange" seines Mantels enlädigte und die restliche halbe Stunde bei vier Grad über Null im Stoffjäckchen verfolgte. Und als dann Alex Alves zum hochverdienten 1:1 traf und seinen Capoeira zelebrierte, hüpfte auch Hoeneß auf dem olympischen Tartan am Spielfeldrand wie wenn er selbst ins Tor getroffen hätte.

Hoeneß Freude ist erklärbar. Noch vor dem Spiel hatte er Herthas langjährigen Kapitän Kjetil Rekdal mit Bildchen und Blumenstrauß in die Fremde des europäischen Nordens entlassen. Doch in der 76. Spielminute, als Hertha egalisierte, war ein neuer Fremder, der Brasilianer Alex Alves, nach vielen Irrläufen endlich angekommen im Zentrum Berlins, angekommen in der Spitze von Hertha BSC. Hoeneß und Röber herzten ihn bei Abpfiff persönlich und auch jeder einzelne Berliner Spieler drückte erstmals den Mann, der an einer unsichtbaren Last zu tragen hat. 15 Millionen Mark hatte Hoeneß um den Jahreswechsel herum in Brasilien gelassen, um den 25-jährigen Torjäger an die Spree zu lotsen. Nach vielen unglücklichen Anläufen scheint Alves langsam den hohen Erwartungen gerecht zu werden.

Noch beim 1:3 Herthas in Leverkusen, "einem kleinen Desaster" (Hoeneß), habe Alves seinen Trainer zur Verzweiflung gebracht. Jetzt aber, sagte Röber mit Vorfreude in der Stimme, "wird er immer besser." Natürlich helfe so ein Tor gegen die Bayern gewaltig. Mit jedem Tor, mit jeder gelungenen Aktion weicht der Brasilianer das Konfliktpotenzial rund um seinen Transfer auf. "Absolut", sagte Hoeneß, "so kann man es schon sehen, aber auch die Mannschaft und der Verein tut etwas dafür." Nur der Mann des Tages selbst frohlockte gebremst. Hertha hätte sich "nicht mit dem Unentschieden zufrieden geben dürfen", sagte der gefeierte Torschütze später. Na ja, Alves ist halt noch neu hier, in der von den Bayern dominierten deutschen Liga. Röber jedenfalls, der auch mal bei den Bayern spielte, sparte nicht mit Komplimenten an seine Mannschaft: "Wir sind nicht so verwöhnt. Einen Rückstand gegen die Bayern aufzuholen, ist so leicht nicht."

Natürlich gefiel Hoeneß das Wort "Irrläufe" nicht, logisch. Der Manager spricht von "ganz normalen Problemen der Eingewöhnung", etwas, "was medial nicht richtig verarbeitet wurde". Ach so. Egal, Alves kennt langsam die Mannschaft und umgekehrt. Nach seinen Toren in Barcelona und gegen die Bayern entwickelt er sich gar zu einem Hoffnungsträger der Berliner auf der Zielgeraden der Saison. Ihm ist neben Sebastian Deisler noch am ehesten zuzutrauen, für einen Qualitätssprung zu sorgen. Vielleicht denkt Alves auf dem Feld gelegentlich noch einen Tick zu schnell oder zu weit voraus. Manch Anspiel wird von seinen Mitspielern in Berlin noch nicht verstanden, oder eben zu spät erkannt. "Gut, dass müssen wir von ihm lernen", sagt Röber.

Trotz des beachtlichen Punktgewinns gegen die Münchner, vergrößerte sich der Abstand der Berliner zu Platz vier. Dieser berechtigt zur erneuten Teilnahme an der Qualifikation zur Champions League. Die Mannschaft müsse jetzt in Stuttgart ordentlich spielen, dann habe man den wichtigen März gut überstanden, meint Hoeneß. "Ich traue der Mannschaft einen internationalen Platz zu, vielleicht wird es ja mehr." Die Mannschaft spiele zwar noch nicht Fußball mit der Leichtigkeit der vergangenen Saison, aber ein leichter Aufwärtstrend ist erkennbar. Was Zeit wird, denn jede Geduld ist nunmal endlich.

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