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Algerien freut sich aufs Achtelfinale.

© dpa

WM 2014 - Algerien jetzt gegen Deutschland: "Algerien hat mehr Fans als Deutschland"

In Algerien und anderen arabischen Ländern wird die Qualifikation der algerischen Mannschaft als längst fällige Sensation gefeiert. Mit Deutschland liege ein Brocken im Weg Richtung Viertelfinale, der aber durchaus überwindbar sei.

Darauf haben die algerischen und die arabischen Fußballfans lange gewartet: Eine arabische Mannschaft übersteht endlich wieder die Gruppenphase, Algerien qualifiziert sich zum ersten Mal in der WM-Geschichte für das Achtelfinale. Im Jahr 1994 spielte mit Saudi Arabien, die letzte arabische Mannschaft in einem Achtelfinale. Und die Saudis mögen nur wenige Araber. Aus afrikanischer Sicht, ist die sechste Qualifikation einer afrikanischen Mannschaft für die K.-o.-Runde bei einer WM auch erfreulich. Die Algerier hätten mit Abstand die meisten Fans im Turnier, ganze Kontinente drücken ihnen die Daumen. Der algerische Stürmer Islam Slimani schenkte das Weiterkommen den algerischen Fans: "Es ist nicht mein alleiniger Verdienst, das war Teamarbeit".

Die algerische Zeitung al-Khabar zitiert den bosnischen Nationaltrainer der algerischen Fußballelf, Vahid Halilhodžić: "Wir haben drei Jahre hart für diesen Erfolg gekämpft und die Aufgabe, Deutschland zu besiegen, ist eine große Herausforderung." Der Coach spricht den Algeriern damit aus der Seele, die Mannschaft sei gut aufgestellt, müsse aber gegen die "Fußballmaschine Deutschland" alles in die Waagschale werfen. Es sei aber alles drin. Halilhodžić habe während der Gruppenphase das Gefühl gehabt, dass nicht nur arabische Fans die algerische Mannschaft unterstützen würden: "Auch die Brasilianer finden uns gut." Das sei durchaus ein große Motivation. Al-Khabar berichtet von gemeinsamen Fangesängen und Feiern von algerischen Fans und Bewohnern der Stadt Curitiba, wo die algerische Mannschaft ein 1:1 Unentschieden gegen die Elf aus Russland und damit das Ticket fürs Achtelfinale zusammen mit Belgien in der Gruppe H erkämpfte. "Algerien schreibt Geschichte und ehrt alle Araber", heißt es unisono in den Zeitungskommentaren, "Algerien hat mehr Fans als Deutschland."

Da geht noch was, gegen Deutschland

Algerische Zeitungen versuchten sich am Freitag mit ihren Schlagzeilen zu überbieten. So titelte das maghrebinische Fußballportal „Hadaaf“ auf seiner Startseite: „Wir fasten im Ramadan und verspeisen die Deutschen zum Fastenbrechen.“ Alle Algerier seien besonders gespannt und heiß auf die Achtelfinalbegegnung gegen die Elf von Joachim Löw. Die Fußballzeitung „Le Buteur“ zitierte in ihrer Schlagzeile die algerischen Spieler, wie sie noch in ihrer Umzugskabine im Stadion von Curitiba „Deutschland: Wir kommen!“, riefen. Der beliebte Spieler Sufian Feghouli sagte „Le Buteur“: „Wenn wir das algerische Trikot tragen, haben wir vor niemandem Angst“, solche Sätze feiern sie in der algerischen und arabischen Presse. Die algerische Sportzeitung „Compétition“ titelte: „Ein Sieg und ein ganzes Land mit Kater“, mit Blick auf die ausgiebigen Feierlichkeiten nach der Qualifikation der Algerier. Die Tagesszeitung al-Watan fasste sich dagegen Kurz: „Sie haben es gemacht!“  

Der Tenor in der arabischen Presse klingt nach Stolz. Das Wort "Geschichte" kommt sehr oft vor. Nun hängen die Emotionen und Hoffnungen von Millionen von Fußballfans zwischen Casablanca und Baghdad, Algier und Kapstadt an dem algerischen Team. Nicht nur auf Straßen und Plätzen in Algerien hätten Fans ihre Freude ausgedrückt: "Glückwunsch uns allen! Das ist der Anfang und es kommt noch mehr, noch mehr", reimten die Fans auf Arabisch. In der Einzelkritik des arabischen Sport-Portals "Super" zeigt die Spielanalyse die Stärken der "Wüstenfüchse" aus Algerien: 1. Starke Persönlichkeiten mit einer jeweils hohen psychischen Belastungsfähigkeit 2. Kampfgeist 3. Hohe Fitness, die mit dem Klima in Brasilien gut korrespondiert 4. Spieler, die sich vor allem in Klubs der Serie A und der Primera División das Know-How erarbeitet haben 5. Die Agenda des bosnischen Trainers Vahid Halilhodžić. Er habe in Algerien eine Mannschaft geformt, die taktisch in einem Weltklasseturnier bestehen kann. Da sei noch mehr als nur das Achtelfinale drin.

Ein Thema wollte Trainer Halilhodžić nicht kommentieren. Bald steht der Fastenmonat Ramadan an, ob die algerischen Spieler während des Turniers und des Spiels gegen die deutsche Mannschaft fasten werden, ließ der Trainer offen: "Jetzt reden wir über sportliche Themen, nicht über Religion." Ein wichtigeres Thema ist sowieso, dass nun eine späte Revanche für die Schande von Gijón anstehe. Im Jahr 1982 einigten sich Deutschland und Österreich bei der WM auf ein 1:0 und raubten Algerien damit die Chance auf die Qualifikation: "Jetzt ist Zeit, den Skandal von 1982 aufzuarbeiten."

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