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Sport: Alle glauben an Rücktritt

Was seine Kollegen über Schumacher denken

Monza - Manchmal kann Michael Schumacher auch romantisch sein. „Meine große sportliche Liebe“ hat er die Formel 1 genannt, bevor er nach Monza aufgebrochen ist. War es ein Anflug von Sentimentalität, die den Deutschen, der sich sonst vornehmlich in technischen Vokabeln ausdrückt, in die Nähe der Poesie rückte? Am Sonntag, nach dem Großen Preis von Italien, will der 37-Jährige seine Zukunftspläne preisgeben – und es deutet alles darauf hin, dass er die Angebetete aus seiner 15 Jahre währenden innigen Umarmung entlassen wird. Inzwischen gibt es kaum noch jemanden im Fahrerlager, der bezweifelt, dass Schumacher seinen Rücktritt erklärt – auch wenn sich der Ferrari-Pilot weiterhin geheimnisvoll gibt und zunächst lieber „Business as usual“ betreiben will, wie er sagt.

In Kollegenkreisen werden dennoch bereits die ersten Abschiedslieder auf den Kerpener angestimmt. „Er ist ein netter Kerl“, sagt Renault-Pilot Giancarlo Fisichella und erzählt davon, wie Schumacher einmal mit seinen Kindern gespielt hat. Auch Weltmeister Fernando Alonso ehrt den großen Rivalen: „Ich glaube nicht, dass einer je seine Rekorde erreichen wird.“ Und der Toyota-Fahrer Jarno Trulli erklärt den Deutschen glatt für unersetzbar: „Unsere Fahrermannschaft wird ihn am meisten auf dem Fußballplatz vermissen.“ Allerdings drängt sich der Eindruck auf, dass der Gelobte seine große Liebe am liebsten noch nicht verlassen würde. Aber es bleibt ihm aber wohl keine andere Wahl. Flavio Briatore hat die Nachricht von der anstehenden Trennung im Grunde bereits vorweggenommen. Der Renault-Teamchef präsentierte in Monza den Finnen Heikki Kovalainen als zweiten Piloten für die nächste Saison. Dieser Fakt knüpft eine Kausalkette, an deren Ende eigentlich nur Schumachers Rücktritt stehen kann. Denn durch Kovalainens Ernennung zum Stammfahrer ist bei Renault kein Platz mehr für den Starpiloten Kimi Räikkönen. Ein Verbleib des 26-Jährigen bei McLaren-Mercedes ist nach dem Zerwürfnis mit dem Team nahezu ausgeschlossen – ihm bleibt also nur Ferrari als realistische Option.

Schumacher wiederum hat einen Wechsel zu einem anderen Team schon vor einiger Zeit „zu 99,9 Prozent“ ausgeschlossen. Der Rekordweltmeister hat zwar oft betont, ihm mache es nichts aus, bei Ferrari gegen Räikkönen fahren zu müssen. Aber aus Schumacher nahe stehenden Kreisen ist zu hören, dass der Deutsche seinen Chef Luca di Montezomolo bis zuletzt davon überzeugen wollte, Räikkönen übergangsweise bei Renault zu stationieren. Offenbar konnte er sich damit nicht durchsetzen und sieht plötzlich die Gefahr, von Räikkönen entzaubert zu werden. Am Sonntag fällt nun die Entscheidung. Augenzwinkend gab Schumacher schon mal einen Ausblick, wie seine Zukunft aussehen könnte. „Ich werde wahrscheinlich arbeitslos sein“, sagte er – im Scherz.

Christian Hönicke

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