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Auf, auf, auf ins Viertelfinale. Herthas Spieler feiern den Sieg im Elfmeterschießen.

© imago/Nordphoto/IMAGO/nordphoto GmbH / Engler

Allen Widerständen getrotzt: Ein großer und wichtiger Sieg für Hertha BSC

Typisch Hertha? Eben nicht. Zweimal wenden die Berliner im Pokal-Achtelfinale das drohende Aus noch ab. Diese Erfahrung kann auch für den weiteren Verlauf der Saison noch hilfreich sein.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Kann man Wahnsinn steigern? Und wenn ja: Wie lautet die korrekte Form? Am späten Mittwochabend konnte es auf diese Frage eigentlich nur eine Antwort geben: Hertha BSC.

Völlig neu ist das nicht. Hertha hat – wie man so schön sagt – in den vergangenen Jahren verlässlich geliefert. Größenwahn und Absturz. Der Verein hat wenig ausgelassen. Insofern war das, was sich am Mittwoch im Olympiastadion zugetragen hat, für Herthas Anhänger einerseits nicht neu, andererseits aber eben doch. Dass es Wahnsinn offenbar auch in einer positiven Form, war ihnen bisher nicht bewusst.

Im Achtelfinale des DFB-Pokals gegen den Hamburger SV sahen die Berliner am Mittwochabend zweimal wie der sichere Verlierer aus: kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit und kurz vor dem Ende der Verlängerung. Hertha lag beide Male mit einem Tor zurück, offiziell waren nur noch wenige Sekunden zu spielen, und beide Male kam die Mannschaft von Trainer Pal Dardai doch noch zum Ausgleich. Glück kann man auch erzwingen.

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Hertha siegte tatsächlich im Elfmeterschießen (das allgemein als Glückssache angesehen wird, es aber nicht ist) und erreichte zum ersten Mal seit der Saison 2015/16 wieder das Viertelfinale des DFB-Pokals.

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Erstligisten sind in den ersten drei Runden des DFB-Pokals bereits ausgeschieden

Zumindest für den Moment lässt sich die Wirkung dieses Erfolgs gar nicht überschätzen. Und das hat nur in zweiter Linie damit zu tun, dass der finanziell klamme Berliner Fußball-Zweitligist durch den Einzug ins Viertelfinale weitere 1,7 Millionen Euro an Prämien erhält. Es geht um viel mehr.

Ende Mai ist das Olympiastadion, Herthas Heimstätte, zum bereits 40. Mal nacheinander der Austragungsort des Endspiels im DFB-Pokal. Noch nie waren Herthas Profis einer der beiden Finalisten, lediglich die Amateure des Klubs haben es einmal ins Endspiel geschafft. Aber das ist auch schon wieder 30 Jahre her.

Das Finale im eigenen Stadion als unerfüllte Sehnsucht

Für Hertha ist das Finale im eigenen Stadion daher immer noch eine unerfüllte Sehnsucht. Eine Sehnsucht, die sich mit jedem neuen Anlauf und jedem neuen Scheitern mehr und mehr zu einer Obsession entwickelt hat: Klappt sowieso nicht.

Das Spiel gegen den HSV mit seiner irren Dramaturgie ist tatsächlich dazu geeignet, dem Verein jeden Anflug von Defätismus auszutreiben. Natürlich geht es! Selbst wenn es aussichtslos erscheint.

Die womöglich einmalige Chance ungenutzt zu lassen, das wäre ja fast schon wieder typisch gewesen für Hertha. Nur noch drei Erstligisten stehen in der Runde der letzten acht; mindestens ein unterklassiger Klub wird also das Halbfinale des DFB-Pokals erreichen. Und ausgerechnet dann verabschiedet sich Hertha mit einer Niederlage im eigenen Stadion aus dem Wettbewerb.

Deshalb war der Sieg gegen den HSV so wichtig. Weil die Mannschaft sich selbst bewiesen hat, was möglich ist. Weil sie Lust hatte, es allen zu zeigen. Und weil sie allen Widerständen getrotzt hat. „Wir haben eindrucksvoll bewiesen, dass wir Pokal können“, sagte Fabian Reese, der den Widerstand gegen das Achtelfinalaus angeführt hatte, der zwei Tore erzielte, das dritte vorbereitete und im Elfmeterschießen den entscheidenden Elfmeter verwandelte.

So taugt dieses Spiel auch als Vorbild für die aktuelle Zweitligasaison. Hertha, der Absteiger aus der Bundesliga, ist im Sommer mit drei Niederlagen in die Spielzeit gestartet. Diese Hypothek schleppt das Team auch im Winter immer noch mit sich herum.

Die Spieler wissen, dass sie sich eigentlich keine Aussetzer mehr erlauben können, wenn sie ihre Chance auf den direkten Wiederaufstieg nicht frühzeitig verspielen wollen. So wie in der Verlängerung eines – sagen wir – Achtelfinales im DFB-Pokal, wenn der Gegner wenige Sekunden vor dem Schlusspfiff mit einem Tor vorne liegt.

Widerstände sind dazu da, um sie zu überwinden. Schon am Samstag bekommt Hertha die nächste Chance, das zu beweisen. Im Auswärtsspiel beim 1. FC Kaiserslautern, der im DFB-Pokal einen Tag früher spielen durfte. Der sich vergleichsweise unaufgeregt in 90 Minuten durchsetzen konnte. Der keinen Reisestress hat. Und der mit einem Erfolg im Rücken und einem neuen Trainer auf der Bank gerade in ähnlich euphorischer Stimmung ist. Seit Mittwochabend hört sich das für Hertha BSC fast schon verheißungsvoll an.

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