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Sport: Als ob jemand beim Abendessen stört - Trainer proben trotz saftiger Geldstrafen den Aufstand

Die Basketball-Trainer der NBA wehren sich gegen den grossen Lauschangriff. Als zweiter Coach nach Pat Riley (Miami Heat) weigerte sich am Sonntag auch Paul Westphal von den Seattle Super Sonics, das von der National Basketball Association bei den Spielen mit landesweiter Fernsehübertragung vorgeschriebene Mikrofon am Revers zu tragen.

Die Basketball-Trainer der NBA wehren sich gegen den grossen Lauschangriff. Als zweiter Coach nach Pat Riley (Miami Heat) weigerte sich am Sonntag auch Paul Westphal von den Seattle Super Sonics, das von der National Basketball Association bei den Spielen mit landesweiter Fernsehübertragung vorgeschriebene Mikrofon am Revers zu tragen. "Dies ist eine unfaire Behinderung meiner Arbeit, die ich nicht zulassen kann", sagte Paul Westphal, dem nach den Regeln der Liga nun eine Geldstrafe in Höhe von 100 000 Dollar droht.

Die Einschaltquoten fallen derweil ins Bodenlose. Sportlich versinkt die NBA nach dem Rücktritt von Michael Jordan im Mittelmaß. Kein Wunder, dass im schicken NBA-Hauptquartier an New Yorks Fifth Avenue die Alarmglocken schrillen. Um die kollektive Langeweile zu verdrängen, wurde deshalb gemeinsam mit der US-Fernsehstation NBC der Plan ins Leben gerufen, den Zuschauer mittels hautnaher Reaktionen der Trainer mehr ins Spiel zu integrieren.

Die gut gemeinte Aktion droht nun zum Machtkampf zwischen der NBA und ihren Coaches zu eskalieren. Als sich vor Wochenfrist Pat Riley wenige Minuten vor dem Anpfiff der Begegnung gegen die Los Angeles Lakers des Richtmikrofons entledigte ("Ich gebe meine taktische Marschroute nicht einem Millionenpublikum bekannt"), ließ die geschockte Liga noch einmal Gnade vor Recht ergehen, drohte aber Nachahmern mit stattlichen 100 000 Dollar Gehaltsabzug. "Ab sofort greifen wir hart durch", kündigte NBA-Sprecher Brian McIntyre an: "Es gibt keine Ausnahmen mehr."

Das üppige Bußgeld konnte indes Paul Westphal am Sonntag nicht von seinem Standpunkt abhalten. "Mir kann niemand erzählen", sagt er, "dass Spieler oder Schiedsrichter, über die ich im Laufe der Begegnung etwas Negatives sage, nicht hinterher das Tape zu hören kriegen. Die neue Vorschrift nimmt Einfluss auf die Entscheidungen der Trainer." Eine Meinung, mit der sich Westphals Kollegen problemlos identifizieren. Larry Bird (Indiana Pacers), Phil Jackson (Los Angeles Lakers) und Jeff Van Gundy (New York Knicks) kritisierten bereits die neue Regelung als Eingriff in ihre Privatspähre.

Da passt es gut ins Bild, dass eine weitere Neuerung der kriselnden Liga ebenfalls für Verstimmung in NBA-Kreisen sorgt. Ab sofort sollen während der Halbzeitpause Stimmungsberichte aus den Umkleidekabinen über die Bildschirme flimmern. "Keine gute Idee", findet New Yorks Latrell Sprewell: "Wir sind eine Familie. Ich würde mir vorkommen, als ob uns jemand beim Abendessen stört." Portlands Detlef Schrempf hat ganz andere Bendenken. "Was ist, wenn mich jemand halbnackt sieht?"

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