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Sport: Alte Hertha

Beim Unentschieden gegen Schalke finden die Berliner zu ihren Stärken aus der vorigen Saison zurück

So wie es aussieht, hat der Brasilianer Naldo in der vorigen Woche einen neuen Trend initiiert. Der Verteidiger von Werder Bremen ist in der Halbzeitpause des Spiels gegen den FC Barcelona zu seinem Landsmann Ronaldinho gegangen und hat ihn von den Vorteilen eines vorgezogenen Trikottauschs überzeugt. Am Sonntag in der Arena Auf Schalke sind die beiden Brasilianer Marcelinho und Lincoln diesem Beispiel gefolgt. Nach 45 Minuten wechselten sie auf dem Weg in die Kabine ihre Hemden, doch es war nicht zu erkennen, wer auf wessen Trikot scharf gewesen war.

Die Wertunterschiede zwischen Lincoln und Marcelinho, zwischen Schalke und Hertha, fallen zurzeit sehr viel geringer aus, als das vor der Saison zu erwarten war. Schalke, im vergangenen Jahr Vizemeister, hat noch einmal Millionen in die Mannschaft investiert, um den Angriff auf den FC Bayern zu starten. Hertha hat das gegenteilige Geschäftsmodell verfolgt. Die Mannschaft der Vorsaison ist weitgehend zusammengeblieben, und für seine beiden neuen Spieler Cairo und Pantelic hat der Berliner Bundesligist gerade mal 425000 Euro ausgegeben.

Unter dieser Voraussetzung ist es keine allzu große Überraschung, dass in der Hertha 2005/06 immer deutlicher die Hertha 2004/05 zu erkennen ist, und nie waren die Ähnlichkeiten so groß wie beim 0:0 in Schalke. Schon in der vergangenen Saison hat die Begegnung in Gelsenkirchen für Herthas Entwicklung eine wichtige Rolle gespielt. Hertha siegte damals 3:1 und startete danach von Platz elf eine erfolgreiche Aufholjagd. Auch am Sonntag war wieder zu sehen, dass den Schalkern das Berliner Spiel überhaupt nicht liegt. Selbst nach dem Platzverweis gegen Gilberto konnten sich die Schalker gegen die engagierten Berliner nur minimale Vorteile erarbeiten. „Wenn wir von der Einstellung immer so spielen, können wir jeden schlagen“, sagte Götz.

Zumindest ist Hertha für jede Mannschaft ein unangenehmer Gegner, der nur schwer zu besiegen ist. Von den vergangenen acht Bundesligaspielen haben die Berliner nur eins, das bei den Bayern, verloren. „Wir haben heute wieder gesehen, wie stabil unsere Abwehr sein kann“, sagte Götz nach dem Spiel in Gelsenkirchen. Und wenn die Schalker das Bollwerk doch einmal überwunden hatten, war da immer noch Torhüter Christian Fiedler als letzte Instanz. „Christian strahlt Sicherheit aus“, sagte Verteidiger Josip Simunic. Seitdem Fiedler wieder im Tor steht, hat Hertha in drei Spielen kein einziges Gegentor kassiert.

Aber es gibt eben auch das andere Gesicht der Hertha, ein Gesicht, das sie in Spielen gegen Koblenz, Frankfurt oder Nikosia getragen hat. Die Schwierigkeiten gegen schwächere Gegner kennt die Mannschaft ebenfalls aus dem Vorjahr. „Gegen Spitzenmannschaften bekommen wir mehr Räume“, sagt Götz, „da tun wir uns leichter.“ Trotz der Qualität vor allem im Mittelfeld fällt es Hertha schwer, das eigene Spiel zu spielen. Es ist ein schwer zu begreifendes Mysterium, doch die Mannschaft ist immer dann stark, wenn sie auf ihren Gegner reagieren kann.

Für ein verlässliches Urteil, wie gut Hertha in dieser Saison wirklich ist, ist es noch zu früh. „Es entwickelt sich“, sagt Manager Dieter Hoeneß. „Vielleicht hätte die Mannschaft in Schalke einen Maßstab legen können, wenn sie zu elft hätte zu Ende spielen dürfen.“ Doch der wahre Fortschritt muss sich ohnehin gegen andere Gegner erweisen: gegen Mannschaften wie Duisburg oder Köln, die beiden Aufsteiger, auf die Hertha in dieser Woche noch trifft. Falko Götz sagt: „Der Erfolg gegen Schalke bringt überhaupt nichts, wenn wir das Heimspiel gegen Duisburg nicht gewinnen.“

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