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Und jetzt alle Arme hoch. Die deutschen Spieler beim Synchronjubeln.

© dpa

Angelique Kerber und das Nationalteam: Das Endjanuarmärchen im Handball und Tennis

Tennis und Handball haben das Wochenende dominiert – war das ihr Comeback oder schlägt jetzt der Fußball zurück?

Kleinere Bälle können doch noch eine große Wirkung haben. Zuletzt war schließlich der Eindruck entstanden, der Fußball sei die DIN-Norm eines Balls und aus allen anderen Ballspielen im Vergleich dazu die Luft raus. Doch ein furioser Sieg wie der von Angelique Kerber bei den Australian Open gegen die unschlagbar wirkende Serena Williams und die Leistung der deutschen Handballspieler bei der Europameisterschaft in Polen sind immer noch gut genug, um Millionen von Menschen zu begeistern.

War das nun ein Comeback zweier Traditionssportarten in Deutschland? Oder einfach nur ein emotionales Finalwochenende, das dem Fußball zwei Tage lang die Show gestohlen hat?

Als im Dezember bei einer Gala in Baden-Baden wieder die Sportler des Jahres ausgezeichnet wurden, blieb von der Veranstaltung vor allem das Lamento über die Dominanz des Fußballs hängen. Selbst den Weltbesten ihrer Sportarten fehlt manchmal das Selbstbewusstsein, um den Vergleich mit dem Fußball auszuhalten oder sich vielleicht gar nicht erst darauf einzulassen. Als ob der Wert einer Sportart nur vom Gehaltsniveau seiner Stars abhängt!

Gerade Tennis ist auf jeden Fall eine Disziplin, in der die Vergangenheit vielleicht der noch stärkere Konkurrent ist als der Fußball. Die Referenzgrößen kommen immer aus besseren Tagen. Schwer vorstellbar, dass noch einmal eine deutsche Tennisspielerin so erfolgreich sein könnte wie Steffi Graf, oder ein deutscher Tennisspieler das Publikum so mitreißt wie Boris Becker. Gegen solche Idole wirkt die Gegenwart manchmal ziemlich blass.

Im Handball rühmt sich die Bundesliga damit, die stärkste Liga der Welt zu sein. Aber was nützt das, wenn ihre Präsenz im Fernsehen nicht groß genug ist? Und was in Lemgo, Flensburg und Kiel passiert, interessiert vor allem in Lemgo, Flensburg und Kiel.

Das alles kann und soll die Leistung von Angelique Kerber und die der deutschen Handballer nicht abwerten, es zeigt nur, wovon die Popularität von Sportarten abhängt. Viele Zuschauer sind – ob im Sport oder bei anderen Fernsehformaten – Serienfans geworden. Der Fußball bietet mit Bundesliga und Champions League Fortsetzungsgeschichten an, die verlässlich immer zur selben Zeit laufen. Fester Beginn, festes Ende. Diese Berechenbarkeit hat auch der Formel 1 über viele Jahre zu Aufmerksamkeit verholfen genauso wie der Saisonsportart Biathlon.

Lohn der Arbeit. Angelique Kerber mit der Siegtrophäre.
Lohn der Arbeit. Angelique Kerber mit der Siegtrophäre.

© Imago/Hasenkopf

Um aus dem Sieg in Melbourne noch mehr für ihre Sportart zu machen, müsste Angelique Kerber daher banalerweise ihre Erfolge bei anderen großen Turnieren erneuern, also selbst zu einer Serienheldin werden. Und sicher würde es helfen, wenn Tennis auch wieder live im öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen würde und nicht nur in der Zusammenfassung zu sehen wäre.

Die großen Momente dieses Wochenendes im Tennis und Handball machen das gleichwertige Nebeneinander der Sportarten hoffentlich wieder etwas selbstverständlicher. Das Land mit der vielseitigsten Sportkultur zu sein, ist jedenfalls ein Titel, auf den man sich durchaus etwas einbilden könnte.

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