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Michael Ballack: Angriff ist seine Verteidigung

Michael Ballack fühlt sich weiter als Kapitän der Nationalmannschaft. Dabei muss er seine Rolle erst noch finden: bei Bayer Leverkusen und in der jungen deutschen Auswahl.

In kurzer Hose und T-Shirt marschiert Michael Ballack am Mittwochmittag aufs Pressepodium seines neuen Arbeitgebers Bayer 04 Leverkusen. Er sieht entspannt aus – was man von den vielen Fotografen, die sich minutenlang um ihn drängeln, nicht behaupten kann. Trotz der blitzenden und klickenden Hektik lächelt der berühmte Bundesliga-Rückkehrer. Er wird flankiert von seinem neuen Trainer Jupp Heynckes, Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler und Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. Vor allem den beiden Letzteren ist der Stolz über ihren Coup in die Gesichter geschrieben. „Es ist der außergewöhnlichste Transfer des Sommers“, jubiliert Holzhäuser und verweist auf das „enorme Medieninteresse“.

Im Presseraum der Bayarena sind alle Plätze belegt, zwei Fernsehsender übertragen die Präsentation des 33 Jahre alten Mittelfeldspielers, der schon von 1999 bis 2002 in Leverkusen spielte. Es hat sich einiges angesammelt. Während der Fußball-Weltmeisterschaft war Michael Ballacks Rolle in der deutschen Mannschaft trotz seiner verletzungsbedingten Abwesenheit eines der Themen, über das am heftigsten diskutiert wurde; die zentralen Fragen: Soll Ballack Kapitän im Nationalteam bleiben? Ist er zu alt oder sein Stil gar zu altmodisch für Joachim Löws junges, schnelles Team? Und dann war da noch der Angriff des Münchners Philipp Lahm, der während der WM mitteilte, er werde das Kapitänsamt nicht mehr freiwillig hergeben.

Ballack, der in Leverkusen in zwei Jahren etwa zwölf Millionen Euro verdienen wird, macht schnell klar, dass er sich nicht als Auslaufmodell betrachtet. Er sieht sich nach seinem Syndesmoseband-Anriss, erlitten in seinem letzten Spiel für den FC Chelsea durch ein Foul von Kevin-Prince Boateng, auf „einem guten Weg. Ich will so schnell wie möglich wieder an den Ball“, sagt er. Momentan mache er noch ausschließlich Krafttraining, bald werde er ins Lauftraining einsteigen, um möglichst beim Bundesligastart Mitte August mitmischen zu können: „Das ist mein Ziel.“

Ballack, der nach seiner ersten Bayer-Zeit vier Jahre beim FC Bayern und weitere vier beim FC Chelsea gespielt hat, will seine Karriere nicht sanft ausklingen lassen, sondern „zwei Jahre auf höchstem Niveau spielen“. Und zwar auch international. Mit der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes peilt er die Teilnahme an der Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine an. „Ich bin immer noch Kapitän der Nationalmannschaft“, sagt Ballack. Und: „Ich bin ein fester Bestandteil der Mannschaft.“

Als er allerdings darauf angesprochen wird, dass Lahm nun auch Kapitän sein wolle, verfinstert sich seine Miene für einen Moment. „Er hat den Anspruch geäußert, der Zeitpunkt war sicher diskussionswürdig“, sagt Ballack dann. „Es ist kein Wunschkonzert. Ich werde mit ihm bald das eine oder andere Wort wechseln.“ Dann sei das Problem sicher schnell aus der Welt. Und natürlich: „Gratulation an Philipp, er heiratet ja heute.“ Mit Bundestrainer Joachim Löw habe er über das Kapitänsthema noch nicht gesprochen. „Der braucht nach der WM auch mal eine Pause. Aber ich vertraue ihm, und er vertraut mir.“

Dass Bayern-Präsident Uli Hoeneß Ballack öffentlich nahegelegt hat, er möge doch aus dem Nationalteam zurücktreten, habe Ballack „irritiert, das hätte er mir auch persönlich sagen können“. Überhaupt gefällt es ihm nicht, dass in den vergangenen Wochen so viel über ihn diskutiert wurde. „Das ist etwas unglücklich, wenn man verletzt ist. Ich fühlte mich wehrlos. Das hat mich schon ein bisschen enttäuscht.“

Seine Rolle im Bayer-Team wird Ballack noch finden müssen. Trainer Heynckes betonte zwar mehrere Male, wie froh er über die Verpflichtung des erfahrenen Weltklassespielers sei. „Er hat sich im Ausland durchgesetzt. Ich war selbst im Ausland und weiß, wie schwer das ist.“ Neben Abwehrchef Sami Hyypiä, 36 Jahre alt, könne Ballack „zur besseren Balance zwischen Jung und Alt beitragen“. Sein junges Leverkusener Team sei aber bereits „eine funktionierende Mannschaft“, in die sich Ballack integrieren müsse. „Es geht nur im Kollektiv, das hat die WM gezeigt.“ Die Hierarchie im Team will Heynckes nicht antasten. Obwohl Simon Rolfes sich noch immer mit seiner Knieverletzung herumschlägt, soll er Kapitän bleiben. Ballack ist auch nicht als Rolfes’ Vertreter vorgesehen. „Solange Simon verletzt ist, bleibt Manuel Friedrich unser Kapitän“, sagt der 65 Jahre alte Coach. Und das Saisonziel? „Möglichst weit oben dabei sein.“

Ballacks Transfer konnte der Klub nicht aus seinem Spieleretat zahlen. Der Mutterkonzern Bayer AG habe, wie Geschäftsführer Holzhäuser erzählte, die Fußball-Abteilung dabei finanziell unterstützen müssen – und das gern getan. „Michael Ballack ist nicht nur sportlich wichtig für uns, es geht auch um Imagebildung“, findet Holzhäuser. Bei den Fans kommt Ballack jedenfalls an. Sein Trikot mit der Nummer 13 verkauft sich gut, der Absatz liegt laut Holzhäuser „im hohen vierstelligen Bereich“.

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