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Sport: Angst vor der Hoffnung

Hansa Rostock will sofort wieder aufsteigen – doch zuvor müssen viele Spieler und Angestellte gehen

Berlin - Am Samstag wollen die Fans Rache üben. Beim vorerst letzten Heimspiel von Hansa Rostock in der Fußball-Bundesliga wird das Ostseestadion in eine Choreografie getaucht. „Was wir zeigen, verrate ich nicht“, flüstert Peter Schmidt, Leiter des Rostocker Fanprojekts, ins Telefon. „Aber es wird nichts Schönes für die Spieler sein.“ Schmidt klingt matt, nachdem Hansas Abstieg besiegelt ist. Am Sonntag saß der 43-Jährige mit letzter Hoffnung im Fantreff und verfolgte am Fernseher das 0:0 von Mönchengladbach in Hamburg, das Hansa aller Chancen beraubte. Neben Schmidt waren nur zehn Leute gekommen.

Hansas Abschied ist vollendet. Der Verein plant für Liga zwei. „Die Sache hat ein Gutes“, sagt Horst Klinkmann und atmet durch. „Wir wissen, woran wir sind.“ Hansas Aufsichtsratschef sitzt zu Hause und blickt auf die Geschenke, die er am Wochenende zum 70. Geburtstag bekommen hat. „Ich habe Getränke bis ans Lebensende“, spottet Klinkmann und erzählt vom traurig-schönen Fest. Am Ende kamen die Spieler vorbei. „Die Linksfüßler haben mir die Goldene Ehrennadel des Vereins überreicht.“ Klinkmann hätte für ein anderes Geschenk gern auf ein Stück Planungssicherheit verzichtet.

Hansas Neuanfang muss schnell gehen. „Wir haben Verhandlungen mit Sponsoren aufgenommen“, sagt Vereins-Vize Ralf Gawlack. Ein neuer Hauptsponsor muss her, nachdem Vita-Cola aufhört. „Wir haben einen Kandidaten, der das Vorkaufsrecht für die Zweite Liga besitzt“, sagt Gawlack. Bis Monatsende soll das Geschäft getätigt sein, am 8. Juni müssen die Lizenzunterlagen abgegeben werden. Der Etat soll von 24 Millionen auf 13 Millionen Euro sinken. Die Banken sollen Raten für das Stadion stunden. Im Verein und bei der Stadiongesellschaft wurde bereits zwölf Angestellten gekündigt, „es werden leider noch fünf oder sechs dazukommen“, vermutet Gawlack.

Am Montagabend trat der Aufsichtsrat zusammen, um die abgelaufene Saison abzuarbeiten: Warum hat Hansa so lange am braven Trainer Juri Schlünz festgehalten? Warum wurden Routiniers wie Jari Litmanen und Michael Hartmann von Hertha BSC erst in der Winterpause verpflichtet? Warum konnte man davor nicht ein Heimspiel gewinnen und danach kaum ein Auswärtsspiel? „Wir werden alle Positionen hinterfragen“, kündigte Aufsichtsratschef Klinkmann vor der Sitzung an. „Das geht vom Platzwart bis hinauf zum Aufsichtsratsvorsitzenden.“

Der Verein will eine Werbeaktion starten: „Mein Herz schlägt für Hansa – wir kommen wieder“. Und Bürgermeister Roland Methling macht Mut: „Zweite Liga heißt nicht, dass Rostock zweitklassig ist.“ Doch viele Spieler müssen gehen, manche wollen nicht bleiben. Der finnische Altstar Litmanen, der geniale Pässe spielt, und der gut integrierte Hartmann sollen zum Bleiben überredet werden. Auch der junge Tim Sebastian soll in der Abwehr am sofortigen Wiederaufstieg mitwirken. Aber der Verein braucht Transfererlöse. Torwart Mathias Schober steht auf der Verkaufsliste, auch Abwehrspieler Uwe Möhrle könnte gehen. Für Trainer Jörg Berger, dessen Rettungsversuche zu spät kamen, hängt davon die eigene Zukunft ab. Berger würde bleiben: „Aber wenn hier alles zusammenbricht, muss man sehen, ob das Sinn macht.“

Die neue Saison hat am Montag beim FC Hansa Rostock begonnen – mit Angst und Hoffnung. Im Hansa-Fantreff sitzt Peter Schmidt und organisiert den Abschied aus der Bundesliga. Bis jetzt hat er keine Kündigung vom Verein erhalten.

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