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Sport: Ankunft in der luxusfreien Zone

Unions Trainer Ristic lässt sich von den Zuständen an seinem neuen Arbeitsplatz nicht beirren

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin. Wer da beim Trainingsspielchen ein Fehlpass machte, der kam ohne Schelte davon. „Weiter, weiter! Der Platz ist ein bisschen schlecht“, feuerte Aleksandar Ristic seine Spieler stattdessen an. Unrecht hat der Trainer des 1. FC Union, der heute gegen Eintracht Trier (15 Uhr, Alte Försterei) seine Premiere beim Berliner Fußball-Zweitligisten erlebt, mit seiner Beurteilung der Verhältnisse sicher nicht. Bei derartigen Zuständen müsste sich ein renommierter Trainer wie Ristic eigentlich fühlen wie in die Fußball-Steinzeit zurückversetzt. Der 57-Jährige hat immerhin schon in der Bundesliga gearbeitet und dort weitaus bessere, oftmals auch nahezu perfekte Bedingungen vorgefunden. An seinem neuen Arbeitsplatz ist indes vieles anders. Notgedrungen, wie Ristic einsieht: „Einige Klubs haben eben nicht so optimale Möglichkeiten.“ Er weiß, wenn’s ihm zu bunt wird, kann er am Saisonende ja wieder gehen. Bis dahin läuft sein Vertrag.

Nicht nur den holprigen Trainingsplatz an der Alten Försterei muss ein Perfektionist wie Ristic als störend empfinden. Die in einem Container untergebrachten Kabinen wären anderswo allenfalls Provisorium, bei Union sind sie Standard. Das Trainerzimmer dort ist winzig und spartanisch eingerichtet. Ein Kraftraum existiert nicht, von solchem Luxus wie Entmüdungsbecken wagen sie in Köpenick gar nicht zu träumen. „Manche Spieler, die wir wollen, springen doch schon ab, wenn sie sehen, unter welchen Bedingungen wir Profifußball betreiben“, hat der frühere Präsident Heiner Bertram mal gesagt.

Aleksandar Ristic lässt sich davon weder abschrecken noch die Laune verderben. Er kennt derartigen Kummer. Zum Beispiel von Schalke 04. 1991/92 war er dort Trainer. Dienstags rief er regelmäßig zum Circuit-Training, stellte aber vor dem ersten Mal überrascht fest, dass es an den notwendigen Gerätschaften mangelte. Eigenmächtig orderte Ristic daraufhin bei einem Freund, der in seiner Heimatstadt Düsseldorf ein Sportartikelgeschäft führt, 20 Medizinbälle, 20 Hanteln und einige Hürden. „Unser Manager, der Helmut Kremers, war entrüstet, als die Sendung eintraf“, erinnert sich Ristic. Es gab Streit. Der Trainer wandte sich an Schalkes Präsident Günter Eichberg, die offene Rechnung war wenig später vom Tisch.

Bei Union hat Ristic in den ersten Tagen seiner Tätigkeit gleich mal eine Bestandsaufnahme gemacht. Viel fand er nicht vor. „Die haben drei Medizinbälle oder so, und Hanteln hat nur der Masseur, aber ganz, ganz schwere“, sagt der Trainer. Doch das Klagen über derlei karge Ausrüstung hält sich in Grenzen. „Ich will meine Spieler ja nicht kaputtmachen. Mir geht es erst mal darum, die Schnellkraft zu verbessern“, sagt Ristic.

Und die, die bei Union das knappe Geld zu verwalten haben, beruhigt Ristic schon mal: „Es sind jetzt keine großen Investitionen notwendig.“ Das allerdings sollten manche Spieler durchaus bedauern. Denn bei Schalke 04 machte Ristic bei der Arbeit mit den Medizinbällen auch seine guten Erfahrungen. „Die Jungs haben zwar geflucht, wenn sie die Dinger nur gesehen haben. Aber hinterher haben sie dann auch zugegeben, dass sie jetzt besser aussehen, gerade für die Damen.“

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