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Unzertrennlich. Theo Zwanziger hat sich früh an die Spitze der Frauenfußballbewegung gesetzt. Am Dienstag hat er den Vertrag mit Bundestrainerin Silvia Neid bis 2016 verlängert.

© dpa

Porträt: Apostel Theo Zwanziger

DFB-Präsident Theo Zwanziger ist die treibende Kraft hinter der Frauen-WM – nicht jedem gefällt das. Bisweilen wurde mit Argwohn betrachtet, welche Dimension das Turnier angenommen hat.

Berlin - Natürlich hat Theo Zwanziger zurzeit viele Wünsche. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bunds erhofft sich viel von der am Sonntag beginnenden WM der Frauen. Der 66-Jährige sieht die WM als „eine wichtige Etappe einer weiteren Entwicklung“ und wünscht sich „ein Event, ein Mitfeiern, ein Miterleben“. Langfristig möchte Zwanziger weltweit Strukturen im Frauenfußball schaffen, die zu einer sportlichen Rivalität führen wie bei den Männern. „Ob das gelingen kann, weiß ich nicht. Ich bin kein Prophet“, sagt Zwanziger. Er ist vielmehr ein Apostel, der die frohe Botschaft des Frauenfußballs verkündet.

Jahrelang hat sich der Funktionär für den Frauenfußball eingesetzt, jetzt steht dessen bisheriger Höhepunkt bevor. Zwanziger wirkt fröhlich, sogar aufgekratzt, als er am Dienstag vor die Presse tritt. Zwanziger hat Grund zur Freude: Er kann die Vertragsverlängerung mit Bundestrainerin Silvia Neid verkünden (siehe Text rechts). Und er kann Werbung machen für das Turnier, das ihm so sehr am Herzen liegt. Dieses Gefühl teilen aber nicht alle beim DFB. Zwanzigers Begeisterung für die Frauen hat ihm nicht nur Freunde in seinem Verband gemacht. Bisweilen wurde mit Argwohn betrachtet, welche Dimension das Turnier angenommen hat. Der DFB geht mit der WM ein finanzielles Risiko ein, das schmeckt ebenfalls nicht jedem Funktionär, wird hinter vorgehaltener Hand erzählt. Auch dass der Präsident eigens eine Pressekonferenz einberief, um sein Mitwirken an einem „Tatort“ über Frauenfußball bekanntzugeben, kam nicht überall gut an.

Zwanziger hat sich jedoch nicht beirren lassen. In den vergangenen Monaten war er ständig in Sachen Frauenfußball unterwegs. Ob mit einer DFB-Delegation in Nordkorea, bei einer Ausstellungseröffnung bei Angela Merkel im Bundeskanzleramt oder bei einer Podiumsdiskussion im Rathaus Charlottenburg: Zwanziger wirbt für die WM, die ihm zur Herzensangelegenheit geworden ist. „Wir sind keine Traumtänzer beim DFB. Wir wissen, was der Männerfußball für uns bedeutet“, sagt er. „Wir wissen aber auch, dass Frauenfußball sportlich, sozial und gesellschaftlich ein wunderbares Produkt ist. Etwas, wofür man sich begeistern kann.“ Der DFB hofft, Mädchen und Frauen als neue Mitglieder zu gewinnen, die Zahl der männlichen Fußballfans stagnierte zuletzt. „Ich hoffe, dass das Turnier sehr stark in die Breite ausstrahlt“, sagt Zwanziger.

In der Spitze war die deutsche Mannschaft zuletzt fast unschlagbar, bei der Weltmeisterschaft in China vor vier Jahren war Zwanziger als Delegationsleiter ganz nah dabei, als das deutsche Team den zweiten WM-Titel in Folge gewann. „Alle Spielerinnen sind mir in China sehr sympathisch geworden“, erinnert sich Zwanziger. „Ich bin ein großer Fan dieser Mannschaft.“ Auch diese manchmal großonkelhaft wirkende Vernarrtheit haben ihm seine Kritiker bisweilen vorgeworfen. Zwanziger aber genießt es, dass der Frauenfußball in Deutschland bislang ohne Skandale auskommt. Er hat seine Funktionärskarriere im Amateurfußball begonnen, mit dem Frauenfußball hat er bald eine Nische gefunden, in der er sich profilieren konnte. Später hat er nicht immer die Krisen des Profibereichs gut in den Griff bekommen. Beim Korruptionsskandal um Robert Hoyzer war das noch der Fall, in der unappetitlichen Affäre um die Beziehung der Schiedsrichter Manfred Amerell und Michael Kempter reagierte Zwanziger dünnhäutig und unsouverän.

Umso angenehmer ist für ihn die gestrige Pressekonferenz, bei der der DFB keine Fragen zum Streit zwischen Männer-Bundestrainer Joachim Löw und dem geschassten Ex-Capitano Michael Ballack zulässt. Dafür kann Zwanziger mit Silvia Neid scherzen – auch wenn die Bundestrainerin seine erklärte Lieblingsspielerin Anja Mittag noch aus dem WM-Kader gestrichen hat.

Zwanziger schwärmt davon, was der Frauenfußball verändern kann, vor allem in anderen Teilen der Welt. „Er hat in der Schubkraft einer Gesellschaft eine viel größere Rolle als der Männerfußball“, sagt Zwanziger. „Weil er helfen kann, dass Tabus gebrochen werden.“ Das WM-Turnier soll dem Frauenfußball auch in Deutschland eine größere gesellschaftliche Akzeptanz verschaffen. „Das wäre für mich auch ein Sommermärchen“, sagt Zwanziger. „Ich wünsche mir, dass man die sportlichen Erfolge der Frauen genauso respektiert wie bei den Männern.“ Dabei wirkt die eigene Kampagne des DFB für die Weltmeisterschaft teilweise wie eine Ansammlung von Klischees. Allein der WM-Slogan „2011 von seiner schönsten Seite“ betont Äußerlichkeiten, anstatt den sportlichen Wert der Veranstaltung herauszuheben.

Auch wenn er die treibende Kraft hinter dem Turnier war: Als persönlichen Verdienst will Zwanziger die bevorstehende WM nicht werten. „Ich habe vielleicht einen kleinen Anteil daran“, sagt er und fügt mit einem Lächeln hinzu: „Alles falsch gemacht haben werde ich aber wahrscheinlich auch nicht.“

ZUR PERSON

EIN FUNKTIONÄR WIE IM BUCHE

Theo Zwanziger wurde kurz nach Kriegsende in Altendiez im Westerwald geboren. An der Universität Mainz promovierte er in Steuer- und Verfassungsrecht. Neben dem Mädchen- und Frauenfußball liegt ihm als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes vor allem das Thema Integration am Herzen. Er sieht den Fußball als Ort der Nachhaltigkeit, als Mittel gegen Diskriminierung und für Chancengleichheit. Für sein Engagement wurde er mit mehreren Auszeichnungen gewürdigt, unter anderem mit dem Leo-Baeck-Preis.

VOM FUNKTIONÄR ZUR FÜHRUNG

Der inzwischen 66 Jahre alte Jurist gehört seit 20 Jahren dem DFB-Vorstand an. Er war Schatzmeister, bevor er 2004 mit Gerhard Mayer-Vorfelder eine Doppelspitze bildete. 2006 wurde Zwanziger zum alleinigen Präsidenten des DFB gewählt und 2010 im Amt bestätigt. In diesem Jahr wurde er zudem ins Exekutivkomitee des Weltverbandes Fifa gewählt.

ANWALT DER FRAUEN

Seine Affinität zum Frauenfußball ist über viele Jahre gewachsen. Inzwischen hat sie sich längst auf sein privates Umfeld übertragen und ragt tief in die Familie hinein. Sein Sohn Ralf ist bei 1899 Hoffenheim Leiter der Abteilung für Frauen und Mädchenfußball.

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