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Sport: Arbeit und Arroganz

Der FC Chelsea ist José Mourinhos Kunstwerk

Die Demarkationslinie zwischen Wahnsinn und Wertarbeit ist oft erst nach dem Schlusspfiff erkennbar. Heute Abend wird man mehr wissen. Kann José Mourinhos Gesamtkunstwerk, zusammengeschraubt aus Arbeit und Arroganz, vermeintlich manipuliertem Blut und einer Tonnenladung Hybris, auch gegen die Münchner Pragmatiker bestehen? Mourinho selbst wird heute beim Viertelfinal-Hinspiel der Champions League nicht im Stadion sein. Er ist für zwei Spiele gesperrt worden, nachdem er Schiedsrichter Anders Frisk Manipulation vorgeworfen hatte. „José wird nicht im Stadion sein und das Spiel privat an einem sehr friedlichen Platz am Fernsehen verfolgen“, sagte Chelseas Kotrainer Baltemar Brito.

Möglicherweise ist auch das wieder ein geschickter Zug des Portugiesen. Der Europäische Fußballverband Uefa hat Mourinho jeglichen Kontakt zur Mannschaft untersagt. Innenraum und Kabine sind für ihn gesperrt, nicht mal per Funk darf er Kontakt aufnehmen. Notfalls, so hatte die Uefa angekündigt, werde man Mourinho daher einen Aufpasser an die Seite stelle. Das ist nun nicht möglich. Wie auch immer, ob Mourinho Einfluss nimmt oder nicht, wie das Spiel auch endet, fest steht: Es wird sein Resultat sein.

Was hat sich José Mourinho in den letzten Wochen nicht alles anhören müssen? Die jüngste Anklage kam vom „Sunday Mirror“, der aufgedeckt haben will, dass Chelseas Trainer seinen Spielern in regelmäßigen Abständen Blut abzapfen lässt. Daraus werde dann ein Serum gewonnen, das im Verletzungsfall injiziert werde und den Heilungsprozess beschleunige. Mourinho hat es wie immer kommentarlos zur Kenntnis genommen. Der aus Chelseas Sicht bedauerliche Nebeneffekt: Bei allem Wirbel um den Mann aus Setubal wird kaum noch über das extrem starke und darüber hinaus sympathische Team geredet.

Das liegt auch an der Spielweise der „Blues“, die der nationalen Konkurrenz mit einer nahezu perfekten Synthese aus englischem Flügelspiel und italienischer Defensivkunst enteilt sind. Individualisten müssen sich in den Dienst des Kollektivs stellen, und folglich ist ein zentraler Mittelfeldspieler der wichtigste Mann auf dem Platz: Frank Lampard, 26, verkörpert mit seiner Sachlichkeit, dem unbedingten Siegeswillen und seiner großen Spielintelligenz den FC Chelsea 2005.

Lampard kam lange vor dem russischen Großinvestor Roman Abramowitsch, im Jahre 2001, nach Chelsea, und er ist auch statistisch ein Ausnahmespieler: Im September 2001 hat er zuletzt ein Ligaspiel für die Blauen verpasst. Sein Wort hat daher Gewicht an der Stamford Bridge. Frank Lampard sagt: „José Mourinho ist der beste Trainer, den ich je hatte.“

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