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Sport: Arbeitskampf im Profifußball

Die Spieler des 1. FC Union wehren sich gegen Gehaltskürzungen – jetzt könnte es Kündigungen geben

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin. Die Meinungen gingen sehr wohl auseinander. „Es gab da Für und Wider“, sagt Steffen Menze, der Kapitän. Doch als es galt, eine Entscheidung zu treffen, da demonstrierten die Fußballprofis des 1. FC Union Einigkeit. „Wir nehmen geschlossen den Vorschlag nicht an“, sagte Menze. Ein klares Votum. Und ein Affront gegen Präsident Heiner Bertram. Der ist mit seinem Vorstoß gescheitert, durch Gehaltskürzungen um 20 Prozent bis Saisonende eine Etatlücke von 700 000 Euro zu schließen – oder wenigstens zu mindern. Jetzt, wie angedroht, damit fortzufahren, den Spielern Änderungskündigungen ins Haus zu schicken, kommt Bertram indes noch nicht in den Sinn. „Das kann nur das letzte Mittel sein“, sagt er.

Nach der Bekanntgabe der Sparpläne des Vereins am 2. Dezember hatte die Mannschaft eine Woche Bedenkzeit. Die Spieler wandten sich hilfesuchend an die Vereinigung der Vertragsfußballer (VdV). Deren Anwalt, Frank Rybak, übermittelte Union gestern um 12 Uhr 44 per Fax, worauf sich das ballspielende Personal des Berliner Zweitligisten bereits vor dem Spiel bei Eintracht Braunschweig (2:1) verständigt hatte. „Unsere Entscheidung war einstimmig“, sagte Menze und übte auch noch gleich ein bisschen Präsidentenschelte: „Herr Bertram ist in dieser Sache in die Offensive gegangen, um Druck aufzubauen. Es ist vielleicht nicht so gut, dass alles in den Zeitungen steht.“

Wie geht es nun weiter beim 1. FC Union? Heute Mittag trifft sich Bertram mit VdV-Anwalt Rybak, dann will der Präsident mit den Spielern Einzelgespräche führen. Wobei der Handlungsspielraum des Vereins aus Köpenick nach wie vor eng begrenzt ist. „Diese 20 Prozent Kürzungen stehen für alle fest. Einzelgespräche sind nicht dazu da, den einen besser zu behandeln als den Anderen“, sagt Bertram. Und doch ist nicht auszuschließen, dass es Kompromisse gibt, die Bezüge also von Fall zu Fall reduziert werden könnten, denn „wir haben ja keinen Flächentarifvertrag zu erfüllen“, so Bertram.

Schon gegen Ende der Woche, also zu Beginn der Winterpause, hofft Bertram, mit den Spielern die Verhandlungen abschließen zu können. Zumindest mit jenen Spielern, die der Verein unbedingt halten möchte. Es ist auch möglich, dass der 1. FC Union die missliche Lage dazu benutzt, um sich von dem einen oder anderen Profi zu trennen, der bisher nicht die erhoffte Leistung gebracht hat oder aber auch unliebsam aufgefallen ist. Letzteres trifft insbesondere auf Heiner Backhaus zu. Der hatte in der Zeitung „BZ“ Präsident Heiner Bertram als „Osterhase“ verspottet und gestern auf Nachfrage das Zitat sogar noch einmal bestätigt. Bertram ist fassungslos. „Diesen Ton hatten wir noch nie bei Union. Es wird eine Reaktion geben.“ Diese Reaktion kann wohl nur so ausfallen, dass Backhaus seine Papiere erhält und zur Winterpause gehen kann. Auch von der Mannschaft werden die Äußerungen von Backhaus kritisiert. Steffen Menze sagt: „Er ist nicht besonders klug vorgegangen, aber er wurde ja auch persönlich angegriffen. Manchmal ist es eben besser, den Mund zu halten, aber das gilt nicht nur für ihn.“ Bertram hatte vorher im Tagesspiegel über Backhaus gesagt: „Ihm fehlt die Reife, er hat eine große Klappe.“

Das Vertrauensverhältnis zwischen Präsident und Mannschaft hat bei Union insgesamt Schaden genommen, nicht zuletzt dadurch, dass die Spieler in der strittigen Angelegenheit nur über ihren Rechtsanwalt mit der Vereinsspitze kommunizierten. Gerade Bertram, der stets den Kontakt zu den Spielern suchte, hat mit dem Votum der Mannschaft eine schwere persönliche Niederlage einstecken müssen. Der angeschlagene Präsident macht nun geltend, dass „wir vor zwei, drei Jahren bei zwei Leistungsträgern das Gehalt deutlich angehoben haben, völlig freiwillig, einfach als Geste der Gerechtigkeit, und wenn wir dann auch mal ein Anliegen haben, stoßen wir auf kein Verständnis“.

Bertram hegt keinerlei Rücktrittsgedanken. „Mit Sicherheit schmeiße ich nicht hin. Was zu tun ist, tue ich weiter: für die Fans und für die, die bei uns in der Geschäftsstelle arbeiten“, sagt er. Ein Präsident für die Mannschaft will er offenbar nicht mehr sein. Jedenfalls im Moment nicht. Vielleicht entkrampft sich das Verhältnis bald wieder. Weihnachten steht vor der Tür, das Fest des Friedens.

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