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Wieder eine Mannschaft. Argentinien waren am Mittwoch zu stark für Deutschland.

© dpa

Argentinien: Ein großer Sieg

Für das Selbstbewusstsein der Argentinier war es am Mittwoch ein wichtiger Abend. Zwei Jahren nach dem Debakel im WM-Viertelfinale kann Argentinien wieder als Mannschaft überzeugen.

„Komisches Spiel“, sagte Javier Mascherano, als er endlich aus der Kabine kam und vor die Kameras trat, zur Live-Schaltung nach Buenos Aires. Was sollte er sagen zu diesem Abend in Frankfurt, zum 3:1-Sieg bei den Deutschen, die sein Argentinien vor zwei Jahren so schwer gedemütigt hatten beim 4:0 im WM-Viertelfinale von Kapstadt? Der Defensiv-Stratege Mascherano schwankte wie alle seine Kollegen zwischen Genugtuung und Zurückhaltung: „Wir haben noch einiges zu verbessern und dürfen nicht vergessen, dass die Deutschen am Anfang besser waren. Aber für unser Selbstbewusstsein war das schon ein sehr wichtiger Abend.“

Seit Jahren drückt die Argentinier eine tiefe Sehnsucht nach einer Wiederaufnahme in den Kreis der ganz Großen. Ihre Individualisten zählen zu den Besten der Welt, aber das Kollektiv, die seleccion, versagt regelmäßig, wenn es darauf ankommt. Da zählen Siege wie zuletzt gegen Brasilien und jetzt gegen Deutschland doppelt. Auch wenn die Brasilianer nur mit ihrer Olympiaauswahl angetreten waren und die Deutschen eine Stunde lang zu zehnt spielen mussten.

Nach Javier Mascherano fingen die Scheinwerfer Lionel Messi ein. „Wir bekommen langsam Konstanz in unser Spiel“, sprach der beste Fußballspieler der Welt. „Aber natürlich hat die Rote Karte gegen den deutschen Torwart dem Spiel eine Wende gegeben. Und richtig wichtig wird es für uns erst in den eliminatorias“, den Qualifikationsspielen für die WM 2014 in Brasilien. Im September treffen die Argentinier erst auf Paraguay und dann auf Peru.

Auch und gerade für Lionel Messi war es ein denkwürdiger Abend. Mit gerade 25 Jahren führte er die Argentinier als Kapitän an, war eine Halbzeit lang kaum zu sehen, verschoss einen Elfmeter („ganz schlecht!“) und war am Ende doch der überragende Spieler auf dem Platz. „In der zweiten Halbzeit war es ein großes Spiel von ihm“, sagte Trainer Alejandro Sabella. „Er hat ein Tor gemacht, den Pfosten getroffen, einmal knapp vorbeigeschossen, einen tollen Pass auf Gonzalo Higuaín gespielt“, und mehr könne man von einem Stürmer doch kaum erwarten.

Das Argentinien-Spiel in Bildern

Natürlich war die bemerkenswerte Wandlung des zunächst so lustlos wirkenden Messi auch eine Folge der deutschen Dezimierung nach dem Platzverweis gegen Ron-Robert Zieler. Zur wahren Entfaltung gelangte sein überragendes Talent aber erst durch eine taktische Umstellung. Zur zweiten Halbzeit stellte Sabella den schnellen Dribbler Sergio Agüero als dritten Stürmer neben Messi und Higuaín auf den Platz. „Zu dritt ist es vorn einfacher“, befand Messi, „das hat schon in den letzten Spielen ganz gut geklappt, aber darüber entscheidet natürlich der Trainer.“ Auch Sabella war nicht entgangen, „dass Agüero sich blind mit Messi versteht. Das Spiel mit drei Stürmern ist eine Option, über die wir nachdenken werden“.

Der kleine Alejandro Sabella ist mit seinem spärlichen grauen Haar ein eher unscheinbares Männlein, inmitten der jungen extrovertierten Männer wirkt er wie aus der Zeit gefallen. Dass sie ihn in Argentinien El Mago nennen, hat andere Gründe. Der Magier Sabella arbeitet seit gut einem Jahr an den Baustellen, die der Autodidakt Diego Maradona hinterlassen hat und an denen auch dessen Nachfolger Sergio Batista gescheitert ist. Als Sinnbild für Maradonas Argentinien steht bis heute Joachim Löws Erkenntnis, nach der „diese Mannschaft in zwei Teile zerfällt“, also im eigentlichen gar keine Mannschaft ist.

In Frankfurt präsentierten sich die Argentinier als geschlossene und funktionierende Einheit. Mit großartigen Individualisten wie Messi, Higuaín, di María oder Agüero, aber auch mit einer angemessenen Organisation. Javier Mascherano und Fernando Gago sicherten die Etappe als Doppelsechs, die sie in Argentinien übrigens Doppelfünf nennen.

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