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Nicht kleinzukriegen. Im Viertelfinale setzte sich Bielefeld im Elfmeterschießen gegen Borussia Mönchengladbach durch.

© Imago

Arminia Bielefeld vor dem DFB-Pokalhalbfinale: Auferstanden aus dem Albtraum

Der Drittligist Arminia Bielefeld schien längst erledigt – jetzt steht der Klub im DFB-Pokalhalbfinale gegen den VfL Wolfsburg und vor dem Wiederaufstieg in die Zweite Liga.

Wo er denn am 30. Mai sei, wurde Tom Schütz am Dienstag gefragt. Der Mittelfeldspieler von Arminia Bielefeld zierte sich keine Sekunde bei der Antwort. „Wenn alles gut geht, in Berlin“, sagte er und verriet damit viel über das Selbstbewusstsein der einzig unterklassigen Mannschaft im Halbfinale des DFB-Pokals.

Der Tabellenführer der Dritten Liga hat schließlich schon drei Erstligisten besiegt. Den Erfolgen über Hertha BSC, Werder Bremen und Borussia Mönchengladbach soll am Mittwochabend noch ein Triumph über den Bundesligazweiten VfL Wolfsburg folgen (20.30 Uhr, live in der ARD). Dann wäre der 2005 und 2006 als Erstligaverein jeweils im Halbfinale gescheiterte Klub, ein rastloser Wanderer zwischen den deutschen Profiligen, erstmals für das Finale qualifiziert: am 30. Mai eben in Berlin. Der Gegner: Borussia Dortmund.

Und das ein Jahr nach dem schrecklichen 19. Mai 2014, als die Arminia wie vom Boden verschluckt schien, nachdem ihr daheim die nach dem 3:1 im Hinspiel fast schon gewonnen geglaubte Relegation gegen Darmstadt 98 in letzter Minute mit einer 2:4-Niederlage aus den Händen geflutscht war.

Dieser dramatische Abschied aus der Zweiten Liga kam einem Albtraum gleich. Das Entsetzen saß tief, und die Angst vor der Insolvenz des hoch verschuldeten Klubs ging wieder einmal um. Was folgte, war aber nicht der eigentlich erwartete Absturz, sondern der höchst wahrscheinliche Wiederaufstieg. Noch in der Nacht nach dem Tiefschlag schworen sich die Verantwortlichen im Klub auf eine Jetzt-erst-recht-Mentalität ein und überzeugten mit diesem Weg auch ihre Sponsoren aus der ostwestfälischen Unternehmerschaft, voran den wieder einmal hilfreichen Modehersteller Gerhard Weber.

Die Arminen stellten eine neue, stärkere Mannschaft als diejenige, die an sich selbst und Darmstadt gescheitert war, zusammen. Sie hielten entgegen der üblichen Handlungsmuster an Trainer Norbert Meier fest – und wurden für ihren Mut belohnt. Die Mannschaft startete, von Meier mit ruhiger Hand dirigiert, nach schwachem Beginn durch bis an die Tabellenspitze der Dritten Liga. Die Fans strömen zu den Spielen, zuletzt kamen mehr als 20 000 Zuschauer zu den Drittliga-Heimspielen. Gegen Wolfsburg wird das Stadion mit 26.137 Zuschauern ausverkauft sein.

Fünf Millionen Euro hat Arminia bisher im Pokal eingenommen.

Der DSC Arminia freut sich über die Treue seiner Anhänger (so ist die Mitgliederzahl auf 11.300 gestiegen) und Sponsoren, deren Zahl trotz des Abstiegs gleich hoch blieb. Der Verein verkaufte mehr Dauerkarten (6100) als für die vergangene Zweitligaspielzeit und liegt bei seinen Marketingerlösen von weit über vier Millionen Euro nah am Zweitligaumsatz, der sich auf fünf Millionen Euro belief. Fünf Millionen Euro hat der Verein auch aus den bisherigen fünf Pokalrunden eingenommen. „Aber wir schwimmen keineswegs im Geld“, wendet Geschäftsführer Marcus Uhlig beim Blick auf die außerplanmäßigen Einnahmen ein.

Auf der Ausgabenseite stünden nicht nur die Prämien für die Spieler und die Zahlungen an das Stadionpersonal. Auch für die während der Saison verpflichteten Profis David Ulm, Manuel Junglas und Koen van der Biezen sei ein Batzen Geld investiert worden, um den zweitligareifen Kader weiter zu stärken. „Wenn wir es mit allen positiven Effekten am Ende schaffen, mit einer roten Null herauszukommen, wäre das optimal“, sagt Marcus Uhlig beim Blick auf die immer noch problematische Kassenlage.

Da Bielefeld in der Dritten Liga nur 750.000 Euro an Fernsehhonoraren bekommt und nicht mehr knapp vier Millionen wie in der vergangenen Zweitligasaison, konnte der Klub seinen Schuldenberg von 25,7 Millionen Euro in dieser Spielzeit nicht abbauen. Wie sensibel und fantasievoll dieser inzwischen solide geführte Verein und seine ihm gewogenen Gläubiger in Zukunft bei der Regelung der Finanzfragen miteinander umgehen, wird den Handlungsspielraum der Arminia erheblich beeinflussen.

Zunächst aber zieht es, wie Tom Schütz, alle, die es mit dem Klub halten, am 30. Mai ins Olympiastadion nach Berlin. Geschäftsführer Marcus Uhlig spricht von rund 50.000 Anhängern, „die große Lust darauf verspüren, nach Berlin zu fahren“. Ein vitales Lebenszeichen für einen Klub, den viele am 19. Mai 2014 totgesagt hatten.

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