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Federer

© dpa

ATP-Turnier: Besser ohne Nadal

Durch die Absage des Spaniers ist Roger Federer beim Saisonfinale in Schanghai wieder klarer Favorit. Vielleicht kann er ja wieder die Nummer eins der Weltrangliste werden. "Nummer zwei, das hört sich einfach falsch für mich an", so Federer.

Wenn Roger Federer zuletzt bei einem ATP-Tennisturnier den Platz betreten hat, musste er sich jedes Mal ärgern. Das unangenehme Gefühl kam immer dann, wenn ihn der Stadionsprecher ankündigte: Roger Federer, die Nummer zwei der Welt. „Ich mag diesen Klang nicht“, sagt der Schweizer. Nicht dass er etwas gegen seinen Namen hätte, aber an die darauffolgende Weltranglistenposition kann er sich einfach nicht gewöhnen. Seit Februar 2004 hatte er die Nummer eins ununterbrochen besetzt, der Platz schien unabänderlich mit seinem Namen verbunden zu sein. Dann löste ihn der Spanier Rafael Nadal am 18. August 2008 ab. „Nummer zwei“, sagt Roger Federer, „das hört sich einfach falsch für mich an.“

Er wird bis zum nächsten Jahr nichts mehr daran ändern können. Auch ein Turniersieg beim heute beginnenden Masters Cup in Schanghai würde nicht genügen, um den Spanier von der Spitzenposition zu verdrängen. Weil Rafael Nadal wegen einer Sehnenverletzung im Knie seine Teilnahme am Saisonfinale der acht besten Tennisspieler abgesagt hat, ist Roger Federer in Schanghai aber zumindest unumstrittener Favorit. „Ich würde auch auf mich setzen“, sagt Roger Federer und lacht. Er sitzt entspannt im grauen Maßanzug im Großen Ballsaal des Schanghaier Hilton Hotels. Viermal hat er das Turnier schon gewinnen können, Federer weiß um die moralische Bedeutung. „Es gibt einem ein gutes Gefühl für den Urlaub“, sagt er, „und es kann ein Sprungbrett für das nächste Jahr sein, um wieder Nummer eins zu werden.“ 2009 wolle er ausgeruhter und besser vorbereitet in die Turniere gehen. „Ich werde im nächsten Jahr weniger Matches spielen“, kündigte er an.

Es ist die Konsequenz aus einem Jahr, das ein schweres für den sieggewohnten Tennis-Ästheten war. 13 Niederlagen hat er hinnehmen müssen, so viele wie seit 2003 nicht mehr. Besonders schmerzhaft war die Niederlage im Wimbledon-Finale gegen Rafael Nadal – nach 65 Siegen in Folge auf Gras. Für seine ungewöhnliche Schwäche gibt es vor allem eine Erklärung: die Auswirkungen des Pfeifferschen Drüsenfiebers aus dem Jahr 2007. Doch seit den Olympischen Spielen in Peking, als er im Doppel die Goldmedaille gewann, geht es wieder aufwärts. Im September gewann er bei den US Open den 13. Grand-Slam-Titel seiner Karriere.

„Ich bin sehr zufrieden, wie ich in den letzten Monaten gespielt habe“, sagt er. Nur ein Match verlor er, gegen den Schotten Andy Murray. Paris zählt er nicht mit, da musste er wegen Rückenproblemen aufgeben. Diese Verletzung ist noch nicht vollkommen abgeklungen, weshalb Federer sich sehr vorsichtig vorbereitet hat. „Wie es bei Belastung aussieht, werden wir ab Montag sehen“, sagt er. Dann warten in seiner Gruppe Gilles Simon, Andy Murray und Andy Roddick, alles Spieler, gegen die er in dieser Saison schon verloren hat. In der zweiten Gruppe kämpfen Novak Djokovic, Nikolai Dawidenko, Jo-Wilfried Tsonga und Juan Martin del Potro um den Halbfinaleinzug.

Die Niederlagen zeigen allerdings auch, dass die Spitze im Männertennis enger zusammenrückt ist. „Es wird wieder spannender“, sagt Andy Murray. Der Schotte zählt mit dem Argentinier Juan Martin del Potro, Jo-Wilfried Tsonga und Gilles Simon (beide Frankreich) zu einer Tennisgeneration, die sich erstmals für den Masters Cup qualifiziert hat. „Die jungen Spieler haben einen Sprung gemacht“, sagt auch Federer, „allen voran Andy Murray.“ Zwei Niederlagen hat er gegen den 21-Jährigen einstecken müssen, allerdings auch zwei Finals gewonnen.

Längst spielt Roger Federer auch die Rolle des Sprachrohrs für seinen Sport. Geduldig charakterisiert er nicht nur seine Nachfolger, begrüßt den Umzug des Masters Cup im nächsten Jahr nach London, und findet selbst auf tennisferne Themen Antworten. Am Samstagnachmittag in Schanghai waren das: US-Wahl („Obama ist gut für Amerika“), Finanzkrise („Das betrifft uns alle“) und FC Basel („Beim FC Barcelona einen Punkt zu holen, ist wie ein Sieg für uns“). Und immer wieder Rafael Nadal.

In jeder Sprache wird Federer gefragt, was er von der Absage Nadals in Schanghai halte. Als ein Spanier irgendwann auch noch wissen will, ob er ihn vermisse, reicht es ihm. „Wir sind nicht zusammen – also: nein“, antwortet Federer. Die Fragen zeigen, wie sehr in diesem Jahr das Männertennis vom Duell Nadal gegen Federer lebte. „Es ist schade fürs Tennis, dass er nicht dabei ist“, sagt Federer, „aber ich muss nicht unbedingt gegen ihn spielen.“ Dabei wäre es auch für ihn nicht schlecht gewesen. Mit einem Sieg über den Erzrivalen im Saisonfinale hätte er zwar nicht seine alte Weltranglistenposition zurückerobert. Aber er hätte sich zumindest als Nummer eins fühlen können.

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