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Sport: Auf der Flucht

In Leverkusen herrscht auf und neben dem Platz die Panik

Leverkusen. Die meisten Spieler von Bayer Leverkusen hatten längst die Bayarena verlassen nach der 1:3-Niederlage gegen Schalke. Sie waren wortlos in ihre Autos gestiegen, ohne die Fans auch nur eines Blickes zu würdigen. Arrogant wirkte das, und es untermauerte das Bild vom Bundesligaprofi als coolem, zynischen Söldner, der sein Geld bei einem Abstieg eben woanders verdient. Längst war daher die Mehrheit der wütenden Bayerfans resigniert vom Zaun des Parkplatzes geklettert, als sie erkannt hatte, dass die Profis andere Ausgänge zur Flucht genutzt hatten. Soweit die in dieser Spielzeit üblichen Rituale. Soweit alles wie immer.

Bis Bernd Schneider kam. Der Nationalspieler ließ sich von einem Ordner das Tor öffnen und stellte sich ungeschützt in den Pulk der verbliebenen Fans. „Was passiert euch denn, wenn wir absteigen?“, fragte ihn das Volk, „oder spielst du etwa weiter in Leverkusen?“ Schneider, dem für diesen Fall ein Angebot aus Dortmund vorliegt, ging darauf nicht ein. Er bat die Fans um Unterstützung für das kommende Auswärtsspiel in Mönchengladbach, wenn der 16., Bayer, gegen den 15. der Tabelle spielt. Drei Punkte liegt Gladbach vor Leverkusen.

Rund 20 Minuten vermittelte Schneider Nähe mit den Fans, gab Autogramme und ließ sich fotografieren. Er ist derzeit der Einzige bei Bayer, der noch Kontakt zur Außenwelt besitzt. Alle anderen scheinen diesen längst verloren zu haben. Nur einer scheint neben Schneider den Abstieg mit aller Macht verhindern zu wollen: Der Brasilianer Lucio stabilisierte im ersten Einsatz nach langer Verletzung die Abwehr. Nur fehlte es ihm noch an Spielpraxis und Kondition.

Die ganze Panik bei Bayer aber dokumentierte die Posse um die angeblich kurz bevorstehende Verpflichtung Udo Latteks. Noch am Vormittag hatte sich der 68- Jährige angeboten: „Wenn ich dahin gehe, gibt es nur einen, der das Sagen hat, und das bin ich.“ Kurz vor dem Anpfiff sagte der frühere Trainer dann ab. Lattek habe die Entscheidung getroffen, „nicht offiziell für Leverkusen zu arbeiten, auch aus gesundheitlichen Gründen“, sagte Sportdirektor Jürgen Kohler.

Das Lachen des Gute-Laune-Bärs, der vor zwei Wochen noch verantwortlich gemacht worden war für den Sieg gegen Hertha, ist Jürgen Kohler offensichtlich schon vergangen. Weil er seine Idee mit Lattek nicht durchsetzen konnte? Angeblich soll Manager Reiner Calmund seinen Rücktritt für den Fall angedroht haben, dass Lattek tatsächlich verpflichtet würde.

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