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Sport: Auf die leise Art

Volleyball-Profi Wolfgang Kuck freundet sich nur notgedrungen mit seiner Führungsrolle an

Karlsruhe. Niemand kann ernsthaft behaupten, Wolfgang Kuck habe sich jemals vor schwierigen Aufgaben gedrückt. Daheim in Montpellier muss einer schon genau aufpassen, damit er alles mitbekommt, weil zwischen Küche und Wohnzimmer Englisch, Französisch und Deutsch gesprochen wird: eine Familie, drei Sprachen. Kuck denkt eben, es wäre das Beste für seine beiden Töchter Yasmin und Zoe, wenn sie gleich alle Sprachen mitbekommen, weil ihr Vater als „Volleyball-Profi“ sein Geld im Ausland verdient. Vielleicht auch deshalb hat Bundestrainer Stelian Moculescu bei dieser Volleyball-EM in Deutschland den stillen Mann, der nicht nur bei der Erziehung seiner Kinder alles perfekt machen will, zur Leitfigur des deutschen Teams befördert, nachdem Kapitän Stefan Hübner kurzfristig verletzt ausfiel. „Er sagt etwas, und die anderen hören auf ihn“, sagt Moculescu. „Er genießt großen Respekt in der Mannschaft.“

Das war beim 3:1-Auftaktsieg in der EM-Vorrunde über die Slowakei in Karlsruhe nicht anders. Gestern ließ die deutsche Mannschaft den zweiten Sieg folgen: 3:0 (25:19, 25:18, 25:20) gegen den Weltliga-Vierten Tschechien. Vor allem im Aufschlag hatten die Deutschen deutliche Vorteile. Nun träumen sie schon von der EM-Endrunde (13./14. September) in Berlin. Nächster Vorrundengegner ist heute in Karlsruhe Spanien (20 Uhr, live in Eurosport).

Kuck ist genau der Richtige, um die junge Mannschaft zu führen. „Anführer wider Willen“ steht über den mit 35 Jahren ältesten Spieler der EM in den Zeitungen. „Er ist kein Leader im herkömmlichen Sinn“, sagt Moculescu. „Er führt das Team auf seine leise Art.“ Kuck zuckt nur mit den Schultern und findet sich überhaupt nicht falsch beschrieben. „Ich bin nicht der Typ, der diese Rolle gerne spielt“, sagt er. Aber er tut es, mehr geschäftsmäßig, „hundertprozentig“, wie Teammanager Bernd Hummernbrum sagt, und mit Leidenschaft, die sich nicht in emotionalen Ausbrüchen äußert. Mehr Sein als Schein könnte das Motto des dreimaligen „Volleyballer des Jahres“ lauten. Er hat als einer der Ersten den Sprung ins Ausland gewagt und damit eine Forderung des Bundestrainers erfüllt. Der wollte, dass seine jungen Spieler Erfahrung in den stärksten Ligen Europas sammeln. Kuck spielt seit vier Jahren in Frankreich und empfahl seinen Weg den Kollegen. „Als Spitzenspieler ist man in der Bundesliga nicht ausgelastet. Im Ausland musst du dich jedes Wochenende beweisen“, sagt er. Damals in Wuppertal spürte er, wie ihn der Alltag eines Etablierten langweilte. Niemand stellte ihn in Frage, große Anreize gab es nicht mehr. Heute sagt der Bundestrainer über den Rückkehrer, der 1997 aus dem Nationalteam zurückgetreten war: „Er hat dieser Mannschaft wieder eine Perspektive gegeben.“

Wolfgang Kuck zuckt wieder nur mit den Schultern. All die Erwartungen, die Endrunde in Berlin zu erreichen, liege nicht allein auf seinen Schultern. Die Botschaft, die er als „leises Vorbild“ vermittelt, glaubt er, kommt an. So wie bei seinen Töchtern, die dem Vater genug Gelegenheit lassen, als Hobbymusiker Jazz zu spielen. Leise wie es seine Art ist, ohne laute Trompetenstöße.

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