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Sport: Auf heißen Sohlen

Sebastian Vettel siegt in Silverstone überlegen vor seinem Red-Bull-Teamkollegen Mark Webber

Die einzige Panne am Tag seines großen Triumphes hatte Sebastian Vettel schon vor dem Formel-1-Rennen in Silverstone. Auf dem Weg zum stillen Örtchen kurz vor dem Start des Großen Preises von Großbritannien hatte sich die Sohle seines Rennschuhs gelöst – was im Cockpit fatale Folgen haben könnte, wenn man an einem Pedal hängenbleibt. Ein Mechaniker des Konkurrenzteams Renault half mit Sekundenkleber aus, und nach dem Rennen sagte Vettel artig Danke: „Siehst du, hat alles gehalten, super!“ Mit der frisch geklebten Sohle feierte der Deutsche einen ungefährdeten Sieg vor seinem Red-Bull-Teamkollegen Mark Webber und dem Brawn-Mercedes-Piloten Rubens Barrichello. Auch der zuletzt überlegene WM-Führende Jenson Button wurde deutlich abgehängt und bei seinem Heimrennen im Brawn nur Sechster.

Der 21-Jährige aus Heppenheim war nach seiner Triumphfahrt beim vermutlich letzten Auftritt der Formel 1 im englischen Rennsportmekka locker und gelöst. „Ob ich jetzt Spielverderber bin oder nicht, ist mir wurscht“, sagte er. „Hauptsache ist, dass wir gewonnen haben.“ In der Pressekonferenz schickte er einen diskreten Geburtstagsgruß an „eine gewisse Person“ – wohl Freundin Hannah – nach Hause, und auch danach behielt er seine Sonntagslaune. Ob Mitglieder einer Flugstaffel Autogramme wollten, ob ein englischer Formel-1-Fotograf ausnahmsweise einmal ein Privatfoto von Vettel mit seinem Sohn schießen wollte – der Deutsche war für alles zu haben, so toll war die Stimmung nach dem dritten Grand-Prix-Sieg seiner Karriere. „Ich hatte ein fantastisches Auto, es war ein Traum“, sagte Vettel. „Nach dem ersten Boxenstopp konnte ich sogar schon ein bisschen Gas rausnehmen.“

Mit einem komplett überarbeiteten Auto, unter anderem mit einem neuen Dreifachdiffusor, fuhr Vettel allen anderen auf und davon. Zu Beginn tat ihm Barrichello auch noch den Gefallen, seinen Teamkollegen Webber, aufzuhalten, der ihm an diesem Tag wohl als einziger hätte gefährlich werden können. So konnte Vettel einsam seine Runden drehen, seinen Vorsprung immer weiter ausbauen und seinen ersten Grand-Prix-Erfolg unter trockenen Bedingungen einfahren, nachdem er seine bisherigen Siege in Monza im vergangenen Jahr und in Schanghai in dieser Saison im Regen errungen hatte.

Jenson Button musste all dies machtlos mit ansehen. Sechs der vorhergegangenen sieben Saisonrennen hatte er gewonnen, doch ausgerechnet bei seinem Heimrennen war der Brawn-Pilot chancenlos. Die Schuld daran gab der 29-Jährige dem britischen Wetter. „Bei dieser Kühle hat unser Auto einfach nicht funktioniert, es war frustrierend“, sagt Button. „Ich habe vor allem die harten Reifen einfach nicht auf Betriebstemperatur gebracht.“ So verlor Button gleich am Start ein paar Plätze und konnte sich nur mühsam von Rang neun nach vorn arbeiten. Zu mehr als Platz sechs reichte es für ihn aber nicht mehr. „Ich habe gedacht, ich schaffe noch ein, zwei Plätze, aber es ging nichts.“

Das lag auch daran, dass der Williams-Pilot Nico Rosberg alle Angriffe des Briten abwehrte: „Das war extremer Druck, aber ich habe keinen Fehler gemacht und konnte ihn hinter mir halten.“ Trotz seines starken Rennens war Rosberg mit seinem fünften Platz aber nicht ganz zufrieden. „Der vierte Platz wäre ganz locker drin gewesen.“ Doch Felipe Massa schlüpfte im Ferrari nach dem zweiten Boxenstopp noch an ihm vorbei, weil ihn Barrichello zuvor aufgehalten hatte. „Der war so was von langsam unterwegs, das hat mein Rennen ein bisschen kaputt gemacht“, klagte Rosberg. Noch weniger Glück hatten allerdings die anderen Deutschen. Toyota-Pilot Timo Glock verfehlte als Neunter die Punkteränge denkbar knapp, Nick Heidfeld im BMW-Sauber und Adrian Sutil im Force India mussten sich als 15. respektive 17. sogar von Vettel überrunden lassen.

Der wiederum konnte sich früh auf die tolle Stimmung in Silverstone konzentrieren, die er auch im Cockpit spürte: „Die Fans waren sehr fair.“ Sie seien zwei Runden vor Schluss schon aufgestanden und hätten angefangen zu jubeln. „Da sagte ich mir: Halte das Auto bloß auf der Strecke, es ist noch nicht vorbei, es kann noch alles passieren. Als ich über die Ziellinie gefahren bin, war es etwas ganz Besonderes. Es war eine Ehre, hier zu gewinnen.“

In der WM-Wertung verkürzte der Drittplatzierte Vettel mit dem Erfolg den Rückstand auf den Führenden Button auf 25 Punkte. Und nach dem nächsten Rennen auf dem Nürburgring in drei Wochen sollen es noch ein paar weniger sein. „Ich hoffe, es geht so weiter“, sagte Vettel. Sein Teamchef Christian Horner gab jedenfalls schon einmal die Losung aus: „Achtung, Nürburgring – wir kommen!“

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