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Sport: Auf Platz eins gekontert

Schalke 04 siegt 2:0 bei Werder Bremen und übernimmt die Tabellenführung in der Bundesliga

Bremen - Thomas Schaaf wollte ein Zeichen setzen. Beim Stand von 0:1 holte er alle sechs Ersatzspieler, die sich hinter dem Tor warm gelaufen hatten, an die Seitenlinie. Und wenn die Regeln es erlaubt hätten, hätte der Trainer von Werder Bremen wohl auch alle sechs eingewechselt. Denn Schaaf musste mit der Leistung, die seine Mannschaft in den 64 Minuten zuvor gezeigt hatte, wirklich unzufrieden sein. So zogen sich aber nur drei Spieler die Trainingsjacken aus, mehr ging nicht. Für Hugo Almeida, Tim Borowski und Christian Schulz kamen Aaron Hunt, Jurica Vranjes und Markus Rosenberg. Und kurzzeitig schien es so, als könnte dieser Wechsel das bewirken, was Schaaf bezweckte, nämlich „frischen Wind ins Spiel zu bringen“. Doch ein Sturmlauf blieb aus. Der einzige Bremer Wind blies weiter draußen vor dem Stadion an der Weser den Spaziergängern ins Gesicht. Stattdessen erzielte der Däne Peter Lövenkrands eine Viertelstunde vor dem Ende mit seinem zweiten Tor an diesem Abend zum 2:0-Endstand für Schalke 04.

Die Mannschaft hat damit die Tabellenführung übernommen. Noch ist nichts entschieden in der Bundesliga. Doch die Chancen der Schalker, die Meisterschaft nach Gelsenkirchen zu holen, sind gestiegen. „Wir wissen, dass wir es schaffen können“, sagte Trainer Mirko Slomka. Es war eine beeindruckende Leistung, die der neue Spitzenreiter im Weserstadion zeigte. Die Mannschaft ließ den Bremern für deren schnelles Spiel durch die Mitte keine Freiräume. Immer wieder endete Werders Versuch, einen Steilpass auf die Stürmer Miroslav Klose oder Almeida zu spielen, beim Gegner. Vor allem Borowski, der die Kapitänsbinde vom gesperrten Torsten Frings übernommen hatte, wäre besser im Bett oder zumindest auf der Ersatzbank geblieben. Auch Klose, der eine Kapselverletzung im Daumen erlitt und nach Spielende im Krankenhaus behandelt werden musste, blieb harmlos. Und die Übersicht und Zweikampfstärke von Frings vermisste Werder schmerzlich. „Wir haben es nicht geschafft, den Gegner unter Druck zu setzen“, kritisierte Schaaf. „Schalke hat sehr aggressiv gespielt und ist ein unheimliches Tempo gegangen.“

Die Bremer bemühten sich zwar, Kontrolle über das Spiel zu gewinnen, doch die gefährlicheren Situationen gingen von Schalke aus. Beinahe jeder Fehler im Bremer Aufbauspiel hatte einen schnellen Gegenangriff über die drei Stürmer Lövenkrands, Kevin Kuranyi und Gustavo Varela zur Folge. Auch beim 1:0 nach 20 Minuten: Clemens Fritz verlor auf der rechten Seite gegen Lincoln den Ball, der dribbelte sich durch die halbe Bremer Abwehr, flankte auf Lövenkrands, und der drosch den Ball mit einem spektakulären Scherenschlag ins Netz, als wollte er zeigen, dass der FC Schalke 04 genauso schön Fußball spielen kann, wie es den Bremern immer nachgesagt wird.

Werder hatte in diesem Spiel 62 Prozent Ballbesitz und schlug sagenhafte 41 Flanken, im Vergleich zu 18 bei Schalke. Doch diese Statistik ist vor allem ein Beleg für die Hilflosigkeit. Denn Werder hatte kaum eine Torchance. Einmal musste Schalkes Torwart Manuel Neuer in der ersten Halbzeit in letzter Sekunde gegen Borowski retten. Durch die Mitte kamen die Bremer nicht, und die Flanken landeten regelmäßig auf dem Kopf der Schalker Innenverteidigung. Es war, als spielte Werder Fußball mit einer Hauswand, von welcher der Ball immer wieder zurückprallt – nur dass Hauswände nicht gut im Konterspiel sind. Schalke dagegen war „auf allen Positionen heute richtig stark“, wie Slomka sagte. Wie im Hinspiel, als Schalke mit Konterspiel 2:0 siegte, nutzte die Mannschaft die Sicherheit in der Defensive zu klugen Spielzügen. Auch das letzte Tor entsprang einer solchen Szene. Werder verlor in der Vorwärtsbewegung den Ball, Schalke spielte schnell, Kuranyi passte auf Lövenkrands, und der vollendete frei zum 2:0.

Die erste Meisterschaft seit 1958 ist mit diesem Tor ein Stück näher gerückt. „Wir liegen uns jetzt nicht in den Armen und bejubeln die Meisterschaft“, bemühte sich Mirko Slomka hinterher um Sachlichkeit. Und der junge Torwart Manuel Neuer antwortete auf die Frage nach dem Meistertraum: „Wir konzentrieren uns jetzt jeweils darauf, das nächste Spiel zu gewinnen.“ Wenn sie das bis zum Saisonende durchhalten, wird ihnen der erste Platz nicht mehr zu nehmen sein.

Steffen Hudemann[Bremen]

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