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Sport: Auf Punkt und Komma

Gegenbauer wird Herthas neuer Aufsichtsratschef Vorgänger Scholz war in die Kritik geraten

Berlin - Werner Gegenbauer gehört im Berliner Sport zu denjenigen, die nur selten ganz vorne stehen und dennoch großen Einfluss haben. Etwas mehr öffentliche Aufmerksamkeit wird ihm jedoch künftig zuteil werden: Gegenbauer übernimmt den Vorsitz im Aufsichtsrat beim Fußball-Bundesligaklub Hertha BSC von Rupert Scholz. Der 68 Jahre alte Scholz wollte den Posten nach eigenen Angaben selbst an einen Jüngeren übergeben.

Auf den ersten Blick also ein gewöhnlicher Generationswechsel. Unternehmer Gegenbauer, 55 Jahre alt, war bisher Scholz’ Vize. Neuer Stellvertreter ist Dirk Greiser, 43 Jahre alt und früherer Bundesligaprofi bei Hertha. „Einen völlig unspektakulärer Vorgang“ nennt das Gegenbauer. Scholz’ Rückzug ist jedoch keineswegs eine unspektakuläre Personalie. Viele Hertha-Fans hatte Scholz gegen sich aufgebracht, als er den nach 13 sieglosen Spielen heftig kritisierten Manager Dieter Hoeneß als „Juwel“ bezeichnet hatte. Ernster wog für Mitglieder des Vereins, wie Scholz mit der prekären finanziellen Situation Herthas umging. In einer Sendung des RBB im vergangenen November bezifferte er die Verbindlichkeiten des Vereins auf „10 bis 20 Millionen Euro“. Herthas Finanzgeschäftsführer Ingo Schiller hatte zu diesem Zeitpunkt längst zugegeben, dass der Schuldenstand mit 35 Millionen Euro deutlich höher liegt.

Hertha-kritische Mitglieder wittern in der Entscheidung deshalb den Versuch eines Kuhhandels. Nach Informationen des Tagesspiegel liegen vor der Mitgliederversammlung am 22. Mai zwei Satzungsänderungsanträge zur Abstimmung vor. Demnach soll das Präsidium künftig von den Mitgliedern und nicht durch den Aufsichtsrat bestellt werden; zudem soll auch der Aufsichtsrat der Kommanditgesellschaft auf Aktien, der momentan vom Beteiligungsausschuss des Vereins bestimmt wird, künftig von den Mitgliedern gewählt werden. „Es kann nicht angehen, dass das Präsidium, das im Beteiligungsausschuss sitzt, selbst den Aufsichtsrat bestimmt. Da ist Manipulation Tür und Tor geöffnet“, sagt einer der Initiatoren der Satzungsänderung, der seinen Namen nicht nennen will. Hinter dem Personalwechsel von Scholz zu Gegenbauer vermuten Hertha-Dissidenten deshalb ein Bauernopfer, um die Anträge noch abzuwenden. Am Mittwochnachmittag kam es deshalb zu einem Geheimtreffen von Präsident Bernd Schiphorst und Hertha-kritischen Mitgliedern. Auch über einen weiteren drohenden Antrag auf der Mitgliederversammlung wurde dort beraten: Einen Antrag zur Entlassung des gesamten Aufsichtsrats, mit dem die Hertha-Opposition bereits mehrmals offen gedroht hatte. Ergebnisse der Sitzung wurden zunächst nicht bekannt.

Der Annahme, die Opposition habe durch Druck den Rücktritt befördert, wies Scholz zurück. „Ich habe das schon lange geplant“, sagte der Ex-Verteidigungsminister auf Nachfrage. „Die Kritik an meiner Person hat dabei keine Rolle gespielt.“ Insgesamt will Scholz seine Arbeit als „Erfolgsgeschichte“ eingeordnet wissen. In der RBB-Sendung habe er nur kurzfristige Verbindlichkeiten beziffern wollen, nicht den gesamten Schuldenstand, „den kenne ich auf Punkt und Komma“. Die größten Finanzprobleme seien durch die Umwandlung in langfristige Verbindlichkeiten gelöst worden. Deshalb trete er „mit gutem Gewissen“ ab.

Werner Gegenbauer geht seine neue Aufgabe gelassen an: „Ein aufregendes Tagesgeschäft braucht nicht auch noch aufgeregte Gremien“, sagt er. Zu Herthas Finanzen erklärt er: „Ich sehe keine Situation, die bedrohlich oder besorgniserregend wäre.“

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