zum Hauptinhalt

Sport: Aufbrechen, nicht abbrechen PRO

Von Friedhard Teuffel Ein vorzeitiges Ende der Tour gefährdet die Selbstreinigung des Sports

Alexander Winokurow wollte die Tour um jeden Preis gewinnen, also hat er wohl zum verbotenen Beschleuniger gegriffen. Zehnter werden in seinem vielleicht letzten guten Jahr als Radprofi? Ausgeschlossen! So bekommt Doping eine gewisse Logik. Aber soll eine Veranstaltung überhaupt noch stattfinden, in der Doping eine mögliche und täglich wiederkehrende Konsequenz ist? Und an deren Spitze weiter mit hoher Wahrscheinlichkeit gedopte Fahrer die Berge hochfliegen?

Diese Logik des Betrugs ist jedoch nicht einfach zu brechen – vor allem nicht durch ein vorzeitiges Ende der Tour. Und warum sollte sie gerade jetzt beendet werden? Die Kontrolleure sind dabei, einen höchst verdächtigen Fahrer zu überführen, ein höchst verdächtiges Team ist abgereist. Das sind keine schlechten, sondern gute Nachrichten. Schlecht sind sie außer für die Betrüger allenfalls für jene Fans, die trotz der Dopingtradition der Tour nicht genügend Distanz zwischen sich und die Sportler bekommen haben. Sie sagen: Wir haben Euch als Helden vergöttert, Ihr habt uns betrogen, jetzt wollen wir Euch nicht mehr sehen.

Das ist der Reflex der enttäuschten Zuneigung. Dagegen steht, dass es in diesem Jahr zum ersten Mal ernst zu nehmende Bemühungen aus dem Innern des Radsports gibt, von Teams und Fahrern, den Betrug zu bekämpfen: Neue Strafen wie Gehaltsrückzahlungen sind vereinbart, mit einem Sitzstreik demonstrieren Fahrer gegen Doping – nicht mehr wie 1998 beim Festina-Skandal gegen Doping-Razzien. Der Radpsort steht am Beginn eines Großreinemachens, und es ist besser, diesen Prozess vor den Augen der Weltöffentlichkeit durchzuführen, bei der Tour de France, als sie auf Verbandssitzungen zu verschieben.

Es geht dabei nicht darum, ein sporthistorisch bedeutsames Ereignis zu retten. Viel wichtiger als die Tour ist der Sport selbst: Ohne auf einzelne Athleten Rücksicht zu nehmen muss er sich verteidigen, als Möglichkeit, Grenzen mit natürlichen Mitteln, mit Fleiß und – auch das – Spaß zu überwinden. Die Tour de France nicht zu Ende zu fahren, wäre eine Kapitulation des Sports.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false