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Sport: Aufgeregt wie beim ersten Mal

Jutta Kleinschmidt fährt ab dem 1. Januar zum 13. Mal die Rallye Dakar – und erlebt trotzdem eine Premiere mit VW

Berlin. Eigentlich hat Jutta Kleinschmidt keine Zeit. Das Gespräch mit dem Tagesspiegel unterbricht sie deshalb auch einige Male, beantwortet Fragen, die ihr Teammitglieder im Hintergrund stellen und gibt Anweisungen. „Irgendwie ist die Situation wie beim ersten Mal“, sagt sie etwas aufgeregt, „die Zeit ist einfach viel zu knapp.“ Und das sagt ausgerechnet jene Frau, die vor ihrer 13. Teilnahme bei der Rallye Dakar steht. Wäre die 40-jährige Kölnerin noch mit einem Mitsubishi unterwegs, wüsste sie das erfahrene Team hinter sich, mit dem sie 2001 als erste Frau die Wüstentour gewinnen konnte, wäre sie so kurz vor dem Start am 1. Januar in Marseille bestimmt ruhiger. Doch die erneut favorisierten Mitsubishi, die Jutta Kleinschmidt als „heiße Flitzer“ bezeichnet, in denen „heute viele meiner Ideen stecken“, werden diesmal von anderen gesteuert.

Gemeinsam mit der sieben Jahre älteren Italienerin Fabrizia Pons, ihrer Kopilotin, wird die Marathon-Frau diesmal bei der 19-tägigen Veranstaltung VW vertreten. In einem Buggy, der den arabischen Namen „Tarek“ – der Weg – trägt. Diese heckangetriebenen leichten Rohrrahmen-Konstruktionen ähneln einem großen Sandfloh. Durch ihre extrem hohe Bodenfreiheit sind Buggys besonders für tiefe Sandpisten und hügeliges Gelände geeignet. „Wir haben damit in Marokko trainiert, aber das ist wenig im Vergleich dazu, was uns auf den 17 Etappen über 8602 Kilometer erwarten wird“, sagt Jutta Kleinschmidt, die weiß, welche Unwägbarkeiten es geben kann.

Bei der Dakar-Rallye 2002 widerfuhr ihrem ehemaligen Lebensgefährten Jean-Louis Schlesser ein derartiges Pech. Als 40 Kilometer nach dem Start in Er Rachidia schwarzer Qualm am Himmel der marokkanischen Sahara aufstieg, verbrannte und verglühte gerade Schlessers Buggy. Damit wurden auch die Pläne begraben, als erster Fahrer den Wüsten-Marathon mit einem Diesel-Fahrzeug zu gewinnen. „In diesem Jahr gehört er in einem benzinbetriebenen Fahrzeug für mich wieder zu den Favoriten“, sagt Jutta Kleinschmidt, die zu dem Franzosen nach einigem Hickhack wieder ein „normales Verhältnis“ hat.

Natürlich wäre die in Monaco lebende Deutsche auch diesmal wieder zu gern im Endklassement vor Schlesser, „aber an ihn und die fünf Mitsubishi werden wir wohl noch nicht herankommen“, sagt sie. „Best of the rest, das wäre schon stark. Also, erst einmal ins Ziel kommen, und wenn von den Favoriten der eine oder andere Probleme hat, vielleicht so um Rang fünf erreichen.“

Das Engagement von Jutta Kleinschmidt ist auf drei Jahre angelegt, zielt also auf den Rallye-Dakar-Sieg im Jahre 2005 hin. 25 Jahre, nachdem es durch Freddy Kottulinsky und Patrick Zaniroli im Volkswagen Iltis bei der härtesten Rallye der Welt einen Doppelerfolg gegeben hatte. Damals noch bei Paris – Dakar, jener Vorgänger-Rallye, über die der ehemalige VW-Vorstandschef Ferdinand Piëch einmal sagte: „Tourismus und Abenteuer gibt es nur bei der Paris – Dakar.“ Er sagte das in Bezug auf die Nähe von Serienproduktion und Motorsport.

Die richtigen Abenteuer wird Jutta Kleinschmidt auch bei ihrem 13. Start („Für mich eine Glückszahl“) nicht erleben. „Ich bin physisch und psychisch top vorbereitet, und ich weiß auch ein tolles Team hinter mir. Was wir in der kurzen Vorbereitungszeit schon erreicht haben, ist allein schon ein Erfolg“, sagt sie in diesen Tagen besonders laut, „damit niemand enttäuscht ist, wenn wir das Ziel nicht erreichen.“ Die Abenteuer, den eigentlichen Geist der Tour zu erleben, bleiben den Nicht-Profis in der Karawane vorbehalten. Die Amateure kriechen abends noch in den Schlafsack, duschen mit Wasser aus dem Eimer und nutzen den Busch als Toilette. 1987 hat das Jutta Kleinschmidt noch selbst erlebt, als Touristin auf dem Motorrad.

Den Wüsten-Virus ist sie seitdem nicht mehr losgeworden. Auch wenn die 25. Auflage der Dakar-Rallye wieder einen neuen Streckenverlauf bekommen hat, Tunesien, Libyen und Ägypten werden wieder große Herausforderungen bringen. „Vielleicht bekomme ich ja noch einen Glücksbringer. Irgendetwas hatte ich ja immer dabei“, sagt Jutta Kleinschmidt noch schnell am Telefon und verabschiedet sich. So ist das eben, wenn Routine plötzlich von Premierenfieber verdrängt wird.

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