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Sport: Aufwärts im Abschwung

In Hoppegarten wird gegen den Trend galoppiert, zu Pfingsten wohl sogar auf Gruppe-II-Niveau

Berlin - So richtig will Gerhard Schöningh noch nicht mit der Sprache heraus. „Eine endgültige Entscheidung fällt in etwa drei Wochen“, sagt der Eigner der Galopprennbahn Hoppegarten. Nur soviel gibt er schließlich zu: „Ja, wir haben eine Option auf das Diana-Trial. Es liegt jetzt nur an uns, ob wir es auch austragen.“ Was für Schöningh offiziell noch mit einem Fragezeichen verbunden zu sein scheint, ist für das Direktorium für Vollblut und Rennen offensichtlich bereits beschlossene Sache. Im Terminplan 2009 ist dieses Rennen bereits fest für Pfingstsonntag, den 31. Mai, in Hoppegarten vorgesehen. Damit hätte die Rennbahn vor den Toren Berlins nach dem Preis der Deutschen Einheit am 3. Oktober ein weiteres Highlight zu bieten: das Diana-Trial (ehemals Schwarzgold-Rennen) für Stuten, ein mit 65 000 Euro dotiertes Europa-Gruppe-II-Rennen. Für Schöningh war es nicht besonders kompliziert, dieses hochwertige Rennen von Köln auf seine Bahn zu holen. „Es gibt viele Rennvereine, die wegen der wirtschaftlichen Situation ihr Programm drastisch reduzieren“, sagt er und ergänzt: „Wir haben nun mal keine Schulden, die Bahn ist in meinem Privatbesitz.“

Damit wird einmal mehr deutlich, welch ein Glücksfall für den Galopprennsport, vor allem aber für Hoppegarten, der in Londoner Stadtteil Knightsbridge lebende Finanzexperte ist. Gerade wurden die Horrorzahlen des deutschen Galopprennsports veröffentlicht, die alarmierender nicht sein können: „39,19 Millionen Euro flossen durch die Kassen der Veranstalter, das sind knapp über 18 Prozent weniger als im ohnehin schon schlechten Jahr 2007“, ist bei GaloppOnline.de nachzulesen. Und auch das: Die Zahl der Rennen sei von 1736 auf 1573 zurückgegangen. Bei diesen Zahlen braucht es schon sehr großen Optimismus, für 2009 an eine Trendwende zu glauben.

Positive Auswirkungen der so genannten Strukturreform sind noch nicht sichtbar geworden. In der „Süddeutschen Zeitung“ stand dazu unlängst: „Die Reform ist ein ambitioniertes Projekt, um den deutschen Galoppsport vor dem Untergang zu retten. Die Wettumsätze, aus denen der Pferderennsport sich finanziert, sind auf ein existenzbedrohendes Maß gesunken. 2000 setzten die deutschen Rennbahnen umgerechnet noch rund 125 Millionen Euro im Jahr um.“ Die Reform sehe vor allem eine Zentralisierung vor: Die Rennvereine treten die Rechte an den Übertragungen ihrer Rennen an eine GmbH ab, die diese zu Geld machen soll. Diese Firma solle eigentlich auch zentral die Rennen ausrichten und so die Vereine vom wirtschaftlichen Risiko befreien. Die GmbH gäbe es, sie heißt DVR Wirtschaftsdienste, die Rechte sind abgetreten. Nur das Geld sei nicht da. Und zurzeit sei ungewisser denn je, wann es kommt – und vielleicht sogar, ob es überhaupt komme. Von zentralen Rennen ganz zu schweigen. Dabei sei doch eigentlich alles klar gewesen. Das DVR hatte sich mit zwei Investoren auf ein Joint Venture geeinigt. Die Investoren sollten 30 Millionen Euro einzahlen und dafür neue Wege entwickeln, Pferdewetten unters Volk zu bringen, zum Gedeihen aller. Der Gründungsvertrag für das Joint Venture war fertig, der Notartermin für die Unterschrift auf den 17. November fixiert. Doch dann gab es wieder Probleme – und immer wieder Vertröstungen. Im Dezember informierte die Besitzervereinigung für Vollblutzucht und Rennen in einem Brief ihre Mitglieder über den aktuellen Stand. Unterdessen läuft das Winterprogramm, das bis März die Sandbahn in Dortmund als einzigen Austragungsort vorsieht. Zumindest diese Rennen seien finanziell gesichert.

Gerhard Schöningh, der kurz vor dem Jahreswechsel wieder für zwei Tage in Berlin war, hat aber bereits die grüne Saison im Blick. Seit dem Kauf des 207 Hektar großen Areals vor den Toren des östlichen Berlin im März 2008 für etwa 2,25 Millionen Euro war bisher nur Zeit für die dringendsten Verbesserungen. In nächster Zeit aber sollen die grundlegenden Dinge angepackt werden. So steht auch die Sanierung der Trainierbahn auf dem Programm. „Meine Ziele sind mittel- und langfristig gestellt“, sagt Gerhard Schöningh. Was aber nicht heißen soll, dass der 47-Jährige nach den hohen Erstfinanzierungen auch weiterhin alles aus eigener Tasche bezahlen möchte. „Am liebsten wären mir zehn Sponsoren, die 20 000 Euro geben, nicht der eine Großsponsor“, erläutert er seinen Plan. Und der zielt vor allem auf die Region Berlin-Brandenburg ab, in der Schöningh „für die Zukunft noch ein riesiges Potenzial“ sieht. Die Verhandlungen mit möglichen Partnern seien Anfang Dezember begonnen worden.

Hoppegarten wird im deutschen Galopprennsport aufgrund der Besitzverhältnisse einen mehr oder weniger eigenständigen Weg gehen. „Deshalb ist es für uns auch nicht so wichtig, ob die Außenwetten zurückgehen, sich wieder stabilisieren – oder sogar verdoppeln“, sagt Schöningh. Noch mehr Besucher durch attraktive Rennen anlocken, damit auf der Bahn höhere Umsätze zu erzielen, ist ihm wichtig. Ein Gruppe-II-Rennen zu Pfingsten, vielleicht noch mit internationalen Klassepferde besetzt, würde diesen Effekt bringen. Und nicht nur das, es hätte zum frühen Saisonzeitpunkt wohl auch nachhaltige Wirkung. Auf Signale dieser Art wartet der Galoppsport in Deutschland sehnlichst. Übrigens heißt im Besitz von Gerhard Schöningh befindliche Zuchtstute Brisk Breeze – Frische Brise.

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