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Augenringe: Klartext, Würde und Video

Die tägliche Olympia-TV-Kolumne: Was vom Tode des georgischen Rodlers übrig bleibt.

Sport und Karneval haben das Kommando im Fernsehen übernommen. 16 Tage Olympia, über 320 Stunden Liveberichte, Zusammenfassungen, Interviews, Experten, Wiederholungen im Fernsehen. Ganze Programmtage reserviert für Eisschnelllauf, Skispringen, Biathlon oder – Rodeln. Rodeln. Ein Wochenende Olympia ist gerade herum, und es hat den Eindruck, als ob schon feststünde, welcher Moment von diesen Winterspielen in Erinnerung bleiben wird: der tödliche Unfall des georgischen Rodlers Nodar Kumaritaschwili. Dessen letzte Fahrt wurde am Freitagabend in den „Tagesthemen“ gezeigt, erstaunlicherweise bis kurz vorm Aufprall am Stahlträger. Kai Gniffke, Chefredakteur von ARD-aktuell, sagte am Sonnabend zum Tagesspiegel, dass die Chefredakteure von ARD-aktuell entschieden hatten, den Moment des Todes des Sportlers „keinesfalls“ zu zeigen. Das gebiete der Respekt vor der Würde des Opfers. Auch wenn klar war, dass der Unfall eine breite Diskussion über die Sicherheit der Strecke auslöst, habe die Würde des Opfers Vorrang vor dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit. Offenbar hat die ARD die Sache mit dem Respekt später etwas anders gesehen. Am Samstagabend wurden die Unfallbilder aus dem „Tagesthemen“-Beitrag im Internet herausgeschnitten, als Video zu sehen unter olympia.ard.de. Darunter ein neues Video von Dopingreporter Hajo Seppelt, der die Entscheidung des IOC geißelt, die Rodelwettbewerbe stattfinden zu lassen. Klartext!

Über Rodel- und andere schöne Wettbewerbe wie Magdalena Neuners Silbermedaille im Biathlon hatte dann ARD-Mann Michael Antwerpes zu berichten. Rund acht Millionen sahen Samstagabend zu. Der Rodelunfall, das Thema Sicherheit der Athleten – das werde uns wohl noch ein paar Tage beschäftigen, sagte Antwerpes. Fast meinte man zu hören: wohl noch ein paar Tage stören.

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