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Kaum Vorbereitungszeit. Alexander Ehler pendelt zwischen Isolation, Training und Wettkampf.

© Imago

Alexander Ehler startet nach Coronainfektion: Aus der Isolation in die Loipe

Die Anreise verspätet, die Vorbereitung verkürzt – Deutschlands ältester Athlet Alexander Ehler schaffte es nach einer Coronainfektion trotzdem noch zu den Paralympics.

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

Alexander Ehlers Stolz ist nicht zu überhören, als er am Telefon über die jüngsten Athletinnen im deutschen Team in Peking spricht: „Für mich sind sie noch so klein! Aber ich habe gewusst, dass diese zwei Mädchen bald in die Weltspitze kommen.“ 37 Jahre liegen zwischen dem 52-jährigen Ehler und der 15 Jahre alten Linn Kazmaier. Die Jüngste und der Älteste starten für Team Deutschland beide im Para-Biathlon und Para-Langlauf. Doch während Kazmaiers Paralympics-Debüt von Erfolgen gekrönt ist, fuhr Ehler seiner Konkurrenz bislang hinterher. Die Langdistanz musste der Biathlet abbrechen, am Mittwoch war im freien Langlaufsprint im Halbfinale Schluss. Am Sonntag folgt noch das Rennen mit der Staffel, der Wettbewerb, bei dem Ehler 2018 in Pyeongchang die Bronzemedaille gewinnen konnte. „Das ist für mich am wichtigsten, für die Mannschaft laufen zu können“.

Dass der Athlet vom SV Kirchzarten im Schwarzwald überhaupt in China starten kann, war lange unklar. Ehler reiste nach einer Corona-Infektion später an und war bis zum Mittwoch in Isolation. Er durfte nur für das Training und die Wettkämpfe sein Zimmer verlassen. Nachdem er coronapositiv getestet wurde, konnte er nicht mehr trainieren und spielte mit der Überlegung, gar nicht mehr nach China zu fliegen: „Der Gedanke, es vielleicht nicht zu schaffen, war da. Aber ich habe es geschafft.“

Und trotz der Hürden, die sich ihm in den Weg stellten, ist die Motivation noch da. Er versuche, immer mit einem guten Gefühl und einem ruhigen Tempo in die Wettbewerbe zu starten, die Mannschaft würden ihn anspornen. Aber körperlich sei es schwer. „Bei mir ist es noch schlimmer als bei den jungen Leuten. Ich brauche mehr Zeit nach einer Krankheit, das ist nicht so einfach“, sagt er. Gerade am Abend sei es meistens sehr schwierig, „ich bekomme keine Luft mehr“. Druck verspüre er aber keinen, denn beim gemeinsamen Training merke er dann kaum, dass er schon älter ist als die anderen.

Kindheitstraum Olympia

Schon mit neun Jahren, 1977, hat Alexander Ehler mit dem Wintersport angefangen. In Leninogorsk geboren, träumte er seit seiner Kindheit von den Olympischen Spielen. In Kasachstan galt er als eines der größten Talente, war Hoffnungsträger für die Olympischen Spiele 1992 in Albertville. Bis ihm nach einem Motorradunfall neun Zentimeter seines Oberschenkels entfernt werden mussten, sein sportlicher Traum war geplatzt.

Statt sich seiner eigenen Karriere zu widmen, übergab er die sportlichen Gene an seine zwei Töchter. Olga und Alexandra, heute Ende 20, sind mittlerweile international erfolgreiche Fechterinnen. Vor dem Telefongespräch mit Ehler hatte es Tochter Alexandra beim Grand Prix in Budapest gerade auf einen fünfzehnten Platz geschafft. Ehler telefonierte den ganzen Tag mit seiner Familie, gemeinsam wurde der Auftritt der Tochter verfolgt und analysiert.

Heute kämpfen Alexandra und Alexander Ehler wieder an zwei verschiedenen Orten der Welt um Erfolge, nachdem der Wintersportler sich erst 2016 wieder auf die Loipe gewagt hatte. Sein Trainer Michael Huhn beim SV Kirchzarten war sich am Anfang unsicher, ob er nicht schon zu alt sei, „aber wir haben festgestellt, dass er noch ziemlich gut in Schuss war“. So gut in Schuss, dass er bereits zwei Jahre später bei den Paralympics in Südkorea starten konnte und sich mit damals 48 Jahren endlich seinen Wunsch von den Spielen erfüllen durfte. 

Tipps bekommt er von den Jüngsten

„Mit den Ergebnissen bin ich immer zufrieden“, er sei Papa und mache sich nicht mehr so einen Stress, begründet er seine Gelassenheit, die in Interviews und Gesprächen herauszuhören ist. Nur manchmal, da hole er sich bei den jungen Athletinnen und Athleten dann doch ein paar Tipps ab: „Weil ich relativ spät mit dem Para-Sport angefangen habe, können sie mir dann helfen.“

Bei den Medaillenfeiern seines Teams konnte er bisher noch nicht teilnehmen, seine Tage auf dem Zimmer bestehen aus Filmegucken, Essen und Indoor-Fahrradfahren. Die Vorbereitung sei damit nicht optimal, aber wenigstens habe Ehler keine Schwierigkeiten mit den frühlingshaften Wetterbedingungen in Zhiangjiakou. Im Gegensatz zu vielen anderen Sportlerinnen und Sportlern sei die Sonne super für ihn, „ich habe mir einen Sonnenbrand geholt“, sagt er und lacht. Und vielleicht wird er zum Abschluss der Spiele ja auch noch mit einer Medaille in der Sonne strahlen dürfen.    

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