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Ausschreitungen in der Relegation: Die Machtspiele der Fußballfans

Aus sportlicher Sicht ist die Relegation schon lange eine fragwürdige Veranstaltung. Nun kommt es immer öfter auch zu Randalen bei den Spielen. Das muss ein Ende haben. Ein Kommentar.

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Seit die Relegation in der Spielzeit 2008/09 wieder eingeführt wurde, steht immer wieder der Sinn dieser Veranstaltungen in Frage. Bestimmte Fangruppen aber liefern seitdem ihre ganz eigene Antwort darauf, wie sinnhaft diese Entscheidungsspiele sind. Es ist keine sportliche Antwort. Für die verschiedenen Gruppierungen scheinen die Spiele Antrieb für Randale, Platzstürmungen, Gewalt und Zerstörung zu sein.

Die Abläufe der Relegationsspiele ähneln einer immer gleichen Chronologie. Die Mannschaft mit verkorkster Saison bekommt zwei Belohnungsspiele gegen eine Mannschaft mit starker Saison. Und spätestens im entscheidendem zweiten Spiel haben einige ihre Emotionen dann nicht mehr unter Kontrolle. Als der Hamburger SV den Klassenerhalt schaffte, stürmten die Fans den Platz noch auf friedliche Art. Beim Aufstieg von Carl Zeiss Jena in die Dritte Liga folgte dem Platzsturm, bei dem sich 23 Menschen verletzten, eine Randale von 400 "Fans" die mit Bengalos und Pyrotechnik die Stadt unsicher machten. In Braunschweig musste die Wolfsburger Mannschaft aus Angst direkt mit Schlusspfiff in die Kabine flüchten, die Polizei formierte sich zu einem Schutzwall vor dem Block der Wolfsburger Fans. Auch dieses Spiel endete mit einem Platzsturm; ein Ordner wurde verletzt. In München musste die Partie gegen Regensburg unterbrochen werden, nachdem Sitzschalen rausgerissen worden und Eisenstangen auf das Spielfeld geflogen waren. Unvergessen auch die Relegationsspiele zwischen Hertha BSC und Fortuna Düsseldorf, als die Berliner den Düsseldorfer Platzsturm als Anlass sahen, den Abstieg durch einen Rechtstreit doch noch zu verhindern.

Emotionen, Existenzangst

Natürlich sind Relegationsspiele, bei denen sich eine Saison plötzlich auf ein oder zwei Begegnungen verdichtet, für Fans und Vereine hochdramatisch. Es geht mitunter um die Existenz, den sportlichen Erfolg - und für die Fans eben um viel mehr als nur Fußball. Frust, Wut, Trauer scheinen kaum Grenzen zu kennen. Doch so wie einige Fans fordern, dass der Sport niemals kommerzialisiert werden darf, so darf der Sport auch niemals Bühne für aufgestauten Frust werden, der in Straftaten mündet.

Aus finanzieller Sicht ist die Relegation ein Erfolg. Die Einschaltquoten im Fernsehen und die Zuschauerzahlen in den Stadien sind enorm, in München gab es mit 62.000 Zuschauern gar einen neuen Zuschauerrekord. Der sportliche Sinn bleibt aber weiter fraglich. Müssen zwei Spiele wirklich über Auf- und Abstieg entscheiden? Und nun wandeln einige Fans die Relegation mit ihren Randalen auch noch in ihre ganz eigenen Machtspiele um. Die Ausschreitungen der Fans sind der letzte Beleg dafür, dass die Relegation endlich wieder abgeschafft gehört.

Steve Reutter

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