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Sport: Außenseiter, Spitzenreiter

Antoine Deneriaz gewinnt überraschend Gold in der Abfahrt und lässt den Favoriten keine Chance

Sestriere - Konnte er das ernst gemeint haben? „Ihr könnt den Champagner schon mal kalt stellen“, hatte Antoine Deneriaz den französischen Teambetreuern einen Tag vor dem Start des olympischen Abfahrtsrennens zugerufen. Im Abschlusstraining hatte er Bestzeit erreicht, aber was sagte das schon? Waren die Favoriten nicht ohnehin ganz andere, der Amerikaner Bode Miller etwa, dessen Landsmann Daron Rahlves, der Österreicher Hermann Maier oder der Norweger Kjetil Andre Aamodt? Als Trainingsbester ging Deneriaz mit der Startnummer 30 als Letzter ins Rennen, das galt als Nachteil. Die Favoriten hatten darum im Abschlusstraining gepokert und für niedrigere und vermeintlich bessere Startnummern gebremst. Doch der neue Olympiasieger heißt Deneriaz. Er fuhr das Rennen seines Lebens.

Als Olympiasieger hörte sich Deneriaz dann auch viel bescheidener an als vor dem Rennen: „Ich kann das gar nicht realisieren. Ich wusste nur, dass ich gut Skifahren kann.“ Fassungslos warf er sich nach der Zieleinfahrt in den Schnee. Der 29 Jahre alte Franzose hatte bisher erst drei Weltcup-Abfahrten gewonnen. Vor 13 Monaten hatte er sich auch noch das Kreuzband gerissen. Mit einer grandiosen Leistung setzte er sich jedoch auf der Piste „Kandahar Banchetta“ von Sestriere durch, vor dem Österreicher Michael Walchhofer und dem Schweizer Bruno Kernen. Die Plätze vier bis sechs belegten die Favoriten Aamodt, Maier und Miller.

Es war nicht der Sieg allein, sondern die außergewöhnliche Leistung, mit der Deneriaz überraschte. Der Franzose benötigte 1:48,80 Minuten – 0,72 weniger als Walchhofer. Es war der souveränste Abfahrts-Olympiasieg seit dem Erfolg des Österreichers Egon Zimmermanns 1964 in Innsbruck. Walchhofer sagte: „Deneriaz hatte eine perfekte Fahrt. Am Anfang habe ich ein langes Gesicht gemacht, aber jetzt bin ich zufrieden.“ Der bereits mit Nummer zehn gestartete und lange Zeit führende Weltmeister von 2003 gratulierte Deneriaz als Erster.

Sein Sieg war eine weitere französische Überraschung in der olympischen Abfahrt. Auch mit dem Sieg von Jean-Luc Cretier 1998 in Nagano hatten nicht viele gerechnet. „Ich hatte eine harte Zeit und musste nach meiner Verletzung kämpfen. Aber ich wusste, der Tag wird kommen“, sagte Deneriaz. Bislang war er nur als guter Gleiter bekannt. Seine drei Weltcup-Siege erlangte er auf den dafür geeigneten Strecken in Gröden 2003 und 2004 sowie in Kvitfjell 2003.

Dafür platzten in Sestriere andere Träume, deutsche Fahrer waren mangels Konkurrenzfähigkeit erst gar nicht am Start. Der von einer Grippe geschwächte Maier verpasste als Sechster das erhoffte Gold und den einzig noch fehlenden Erfolg seiner einzigartigen Karriere. „Ich hatte nicht die Kraft, war vollkommen fertig und leer“, sagte Maier. Er hofft nun auf Erfolgserlebnisse im Super-G und Riesenslalom.

Neben Maier gehörten vor allem die Amerikaner zu den Geschlagenen. Gesamtweltcupsieger Miller wurde nur Fünfter, Rahlves fuhr nur auf Platz zehn. Miller hatte noch im Abschlusstraining am Samstag mit einer herausragenden Zeit im oberen Teil die Konkurrenz geschockt. „Ich habe mich eigentlich super gefühlt und gedacht, ich mache keine Fehler“, sagte Miller. Gleichzeitig dementierte er, dass er am Renntag auf die Besichtigung der Strecke verzichtet habe: „Natürlich war ich da.“ Der Olympiasieger von 2002, Fritz Strobl, wurde Achter. Damit bleibt es dabei, dass bislang kein Abfahrer zwei Mal olympisches Gold gewinnen konnte. dpa

Weitere Informationen im Internet:

www.tagesspiegel.de/olympia

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