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Er will noch mal hinlangen. Roger Federer kehrt bei den Australian Open auf die Tour zurück.

© AFP/West

Australian Open: Comeback jenseits der 30

Für reife Tennisprofis wie Roger Federer, Rafael Nadal und Thomas Haas geht es bei den Australian Open auch darum, den perfekten Abgang zu finden.

Dann war Rafael Nadal doch ein wenig irritiert. Er zog seine dunklen Augenbrauen nach oben und fragte nach: „Was meinen Sie denn mit ’schmerzfrei’?“ Eigentlich war es naheliegend gewesen, sich vor dem Beginn der Australian Open danach zu erkundigen, ob Nadal noch irgendwelche Wehwehchen oder gar Verletzungen mit sich herumtrug. „Ach so, also verletzt bin ich nicht“, meinte Nadal und schob trocken hinterher: „Aber das mit dem schmerzfrei sein – das ist schon sehr lange her ...“

Und doch ist der Spanier wieder zurück auf der Tennis-Tour, mit 30 Jahren und einem weiteren Eintrag in seiner dicken Krankenakte. Das linke Handgelenk hatte Nadal den Großteil der vergangenen Saison vermiest. Besonders schmerzlich war dabei für ihn sein vorzeitiger Rückzug aus Roland Garros. Und um dort im Frühjahr vielleicht doch noch eine mögliche, zehnte Trophäe bei den French Open zu gewinnen, ist wohl auch der Grund, warum Nadal die Torturen wieder auf sich nimmt, statt auf Mallorca fischen zu gehen.

Dabei befindet sich der 14-malige Grand-Slam-Sieger in Melbourne in illustrer Runde der Ü-30-Rückkehrer: Auch die 35-jährigen Roger Federer und Jürgen Melzer und Tommy Haas mit sogar 38 Jahren feiern ihr Comeback. Warum sie sich das noch antun? Sie sind noch nicht fertig mit dem Tennis – und die üppigen Preisgelder sind auch nicht zu verachten.

Klappt das? Rafael Nadal.
Klappt das? Rafael Nadal.

© AFP/West

Dieses Gefühl scheint sie mit vielen ihrer Generation zu einen, denn bei den Australian Open avancieren Oldies zum echten Evergreen. Von den 128 Männern im Hauptfeld sind 46 über 30 Jahre alt. Etliche gehen dabei wie Haas eher auf die 40 zu. Bei den Frauen sind es immerhin schon 15 reifere Spielerinnen. Boris Becker, der 1996 Jahren in Melbourne seinen letzten Grand-Slam-Titel gewann, kann über dieses Phänomen nur staunen: „Damals war ich mit meinen 28 Jahren alt, da war die Karriere zu Ende. Heute sind die Spieler da auf ihrem Zenit und spielen mit über 30 noch sensationell.“

Die Spieler haben sich den neuen Anforderungen längst angepasst

Und das, obwohl im Männertennis die Physis immer entscheidender geworden ist. Doch die Spieler haben sich den Anforderungen längst angepasst. „Es ist alles viel professioneller geworden“, sagt der Österreicher Melzer, ehemals in den Top Ten: „Jeder reist inzwischen mit eigenem Physio, achtet viel mehr auf seinen Körper.“ Ernährung, Regeneration, Fitness – in diesen Bereichen sind die Ü-30-Spieler Experten. „Wir haben aber auch einfach die Erfahrung, den Ehrgeiz und den Willen“, fügt Haas hinzu, „wir wollen unbedingt dabei sein.“

Das wird hart. Thomas Haas.
Das wird hart. Thomas Haas.

© AFP/Crock

Die einen treibt dabei wie Nadal der Gedanke an ein Ziel, das sie in ihrer Karriere noch nicht erreicht haben, zum weitermachen. Andere reizt schlicht der Wettkampf, das Kräftemessen. Auch Federer möchte es sich selbst gerne noch weiter beweisen, vielleicht noch einen großen Wurf hinlegen. „Leider haben Spieler wie Sampras oder Edberg einfach mit 29, 30 Jahren aufgehört“, meint der Schweizer, „jetzt ist es für viele Leute schwer zu verstehen, dass jemand mit 35 noch spielt. Aber so lange es für mich, mein Team und meine Familie stimmt, gibt es für mich kein Problem.“ Als Multi-Millionär braucht sich Federer nicht um die nächste Miete sorgen, doch auch die lukrativen Preisgelder sind für viele Spieler ein Argument, die Tennisrente zu vertagen. „Es geht um sehr viel Geld“, betont Melzer, „man muss in anderen Jobs sehr lange arbeiten, um das zu verdienen, was du im Tennis verdienen kannst. Und dessen sind sich viele bewusst geworden und spielen weiter.“

Besonders bei den Grand Slams lohnt sich das Dabeisein. In der ersten Runde von Melbourne gibt es für den Verlierer 35 000 Euro Preisgeld, dafür lässt sich eine halbe Saison finanzieren. Und wer gar den Pokal gewinnt, darf sich über einen 2,1 Millionen Euro Siegerscheck freuen. Soviel gibt es meistens nicht einmal für sechs Richtige.

„Tennis war in wirtschaftlicher Hinsicht noch nie in der Position, in der es jetzt ist“, sagt Haas, der inzwischen auch als Turnierdirektor beim Masters in Indian Wells fungiert: „Gerade das ist die extra Motivation. Man sieht, was man mit 30 plus erreichen kann und viele nutzen das jetzt aus.“ Haas treibt jedoch noch ein anderer Grund zu seinem wohl letzten Comeback, der auch anderen Spielern seiner Generation vertraut ist: die Sehnsucht nach einem perfekten Abgang. Sich nicht von einer Verletzung das Ende diktieren lassen, sondern selbst entscheiden, wann Schluss ist. Haas wird diesen Moment in den nächsten Monaten für sich finden. Melzer dagegen schiebt seinen Abschied noch auf: „Ein Sportler spürt, ob er noch große Matches in sich hat. Und so lange ich das Gefühl noch habe, ist es falsch, aufzuhören.“

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