zum Hauptinhalt

Australian Open: Kiefer kämpft sich ins Halbfinale

Nicolas Kiefer hat erstmals in seiner Karriere das Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers erreicht. In einem knapp fünf Stunden andauernden Match bezwang Kiefer den Franzosen Grosjean und bekommt es nun mit der Nummer eins, Roger Federer, zu tun.

Melbourne - Mit letzter Kraft brüllte Nicolas Kiefer die Anspannung von 4:48 Stunden heraus, ballte die Fäuste und fiel seinem Trainer Sascha Nensel um den Hals. Im wichtigsten Match seiner Karriere hatte der Tennis-Profi aus Hannover die Nerven behalten und erstmals das Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers erreicht. Mit dem zweiten Matchball setzte der 28-Jährige am Mittwoch bei den Australian Open den Schlusspunkt unter ein keineswegs hochklassiges Viertelfinale, in dem er den Franzosen Sebastien Grosjean mit 6:3, 0:6, 6:4, 6:7 (1:7), 8:6 niederrang.

Im Kampf um den Einzug ins Endspiel wartet am Freitag kein Geringerer als der Weltranglisten-Erste Roger Federer, der sich in 3:13 Stunden gegen den Russen Nikolaj Dawidenko mühsam mit 6:4, 3:6, 7:6 (9:7), 7:6 (7:5) behauptete. Der Titelfavorit hat in Florian Mayer in der zweiten Runde und Thomas Haas im Achtelfinale schon zwei Deutsche aus dem Turnier geworfen.

«Das Ziel muss sein, auf den Platz zu gehen und zu gewinnen. Aber dafür muss ich am Limit spielen», sagte Kiefer, der bislang nur drei von zehn Matches gegen Federer gewinnen konnte. Der Topgesetzte war froh, dass Kiefer anderthalb Stunden länger spielen musste als er: «Das ist sicher ein Vorteil. Ich glaube, er ist körperlich sehr angeschlagen. Aber er stand mal in den Top Fünf, und die, die das geschafft haben, sind alle gefährlich.» Als letzter Deutscher erreichte Rainer Schüttler ein Grand-Slam-Finale. Der Korbacher verlor vor drei Jahren das Endspiel in Melbourne gegen Andre Agassi (USA).

Dass der vor zehn Tagen mit einer Bänderdehnung im linken Knöchel ins Turnier gestartete Kiefer überhaupt bis ins Halbfinale gekommen ist, hat ihn selbst überrascht. «Es ist ein großes Wunder», sagte Kiefer, der gleich im ersten Spiel gegen den Thailänder Paradorn Srichaphan zwei Matchbälle hatte abwehren müssen. «Ich habe mich immer wieder zurückgekämpft, und es ist riesig, was ich erreicht habe. Aber Zufriedenheit ist Stillstand.»

Anlass zur Genugtuung bot sein Match gegen Grosjean - das bis dato längste Match des Turniers - auch nicht. Kiefer war zu passiv eingestellt, und die Statistik sprach in allen Punkten gegen ihn: 12 unerzwungene Fehler mehr als der Franzose, 9 Punkte, 25 Winner und 8 Asse weniger. Zudem ließ ihn sein Service im Stich. Nur 45 Prozent seiner ersten Aufschläge konnte er in Punktgewinne ummünzen. «Es war nicht mein bestes Tennis», gestand der Halbfinalist, der nach dem Match mit seinem Trainer joggen ging und danach die heiß gelaufenen Füße im Eiswasser kühlte. Viel Lob erntete er von Bundestrainer Patrik Kühnen: «Es war eine Achterbahnfahrt, und Nicolas hat viel mit sich selbst gekämpft. Es ist großartig, wie er sich immer wieder reinbeißt. Die Reise geht weiter.»

Für böses Blut vor dem Daviscup-Duell gegen Frankreich im Februar in Halle/Westfalen sorgte eine Szene beim Stand von 6:5 im fünften Satz, als Kiefer bei einem Volley des Franzosen in aussichtsloser Position sein Racket über das Netz warf. «Für mich war der Punkt schon verloren, da habe ich aus Jux den Schläger rübereiern lassen. Ich war völlig schockiert, dass er den Ball noch ins Netz geschlagen hat», sagte der Bösewicht, der in Melbourne wegen verbaler Ausfälligkeiten schon in den Geldbeutel greifen musste. Bei 186 516 Euro Preisgeld sollte ihm das allerdings nicht schwer gefallen sein.

Obwohl Grosjean das Spiel zum 6:6 gewann, regte er sich maßlos darüber auf, dass der heran zitierte Oberschiedsrichter den Punkt nicht wenigstens wiederholen ließ. «Ganz egal, ob er erwartet, dass er den Punkt verliert oder gewinnt, er darf den Schläger nicht werfen», schimpfte Grosjean über Kiefer und dementierte dessen Aussage, er habe sich für den Vorfall entschuldigt.

Nur freundliche Worte tauschten Kim Clijsters und Martina Hingis aus. Die Belgierin stoppte die dreimalige Melbourne-Siegerin bei ihrem ersten Grand-Slam-Turnier seit dreieinhalb Jahren im Viertelfinale mit 6:3, 2:6, 6:4. «Martina ist eine große Persönlichkeit. Ich bin froh, dass sie zurück ist», sagte Clijsters.

Die US-Open-Siegerin eroberte mit dem Einzug ins Halbfinale zugleich die Spitzenposition in der Weltrangliste, die seit dem 24. Oktober die im Viertelfinale ausgeschiedene Lindsay Davenport (USA) inne hatte. Clijsters war bereits vom 11. August bis 9. November 2003 die Nummer eins im Damentennis. In der Runde der letzten Vier steht sie am Donnerstag Amelie Mauresmo gegenüber. Die Französin besiegte Patty Schnyder aus der Schweiz mit 6:3, 6:0. (tso/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false