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Beschwingt nach Paris. Schon vor dem Tagessieg von Mark Cavendish hatte Cadel Evans unterwegs Zeit zu feiern.

© AFP

Sport: Australien trägt Gelb

Der Toursieg des vermeintlichen Saubermannes Cadel Evans entfacht große Euphorie

Australien jubelt, Luxemburg rollt die Fahne ein. Nach der herben Niederlage der Gebrüder Schleck, die bei der Tour de France mit den Podiumsplätzen zwei und drei vorlieb nehmen müssen, rollten Fans aus dem Großherzogtum nach der Niederlage im Zeitfahren am Samstag in Grenoble traurig die Fahne mit dem roten Löwen ein. Daheim gebliebene Australier können sich hingegen über einen neuen Feiertag freuen.

97 Jahre, nachdem mit Brian Kirkham der erste Australier Pedalumdrehungen bei der Tour de France getan hat, gewinnt sein Landsmann Cadel Evans diesen Wettbewerb. Gelbe Trikots im Tourverlauf gab es für die Australier seit Phil Andersons Coup im Jahre 1981 zwar einige. Doch Evans ist der erste Australier – und nach den US-Amerikanern Greg LeMond und Lance Armstrong erst der dritte Nicht-Europäer – der auch in Paris das gelbe Leibchen über seine Schultern streifen darf.

Der leicht favorisierte 34-Jährige aus den Northern Territories blieb im abschließenden Zeitfahren am Samstag cool und gelassen und distanzierte seinen Luxemburger Rivalen Andy Schleck um 1:31 Minuten. Die australische Presse verglich seinen Sieg mit dem Gewinn des America’s Cup durch Australia II im Jahr 1983 in New York. In ihrer Begeisterung über Evans’ Leistung – und mit dem bei Politikern weit verbreiteten Bedürfnis, vom Image und Erfolg der Sportstars zu profitieren – rief Australiens Premierministerin Julia Gillard einen landesweiten Feiertag aus. Liberalen-Parteichef Tony Abbott rief die Australier dazu auf, zu Beginn der Arbeitswoche in gelber Kleidung zu erscheinen. Als Evans in Grenoble davon erfuhr, war er gerührt – und irritiert. „Das ist eine große Ehre für mich. Wegen der intensiven Tourvorbereitungen hatte ich zuletzt zwar nicht viel Kontakt mit meinen Landsleuten, hoffe aber, ihnen eine gute Show geliefert zu haben. Und wenn ein Feiertag gut ist für die Wirtschaft, dann ist das auch gut für mich“, meinte er.

In australischen Medien wird Evans als „Athlet mit weißer Weste“ gefeiert und als Positivfigur in Kontrast zu den früheren Toursiegern Lance Armstrong und Alberto Contador in Stellung gebracht. Gegen Armstrong ist ein Grand-Jury-Verfahren in New York wegen Dopings im Gange. Das Verfahren um die positive Clenbuterolprobe von Alberto Contador beginnt am 1. August mit Anhörungen vor dem Sportgerichtshof Cas in Lausanne.

Evans verpasste in Grenoble allerdings eine gute Gelegenheit, in Antidopingfragen Stellung zu nehmen. Als ein Journalist ihn danach fragte, ob er bei seinem Sieg von einer härteren Antidoping-Politik und einer möglicherweise größeren Sauberkeit im Feld profitiert hätte, verweigerte Evans die Antwort. Und als ein weiterer Reporter insistierte und um „eine klare Haltung des derzeit besten Radsportlers zu diesem Thema“ bat, antwortete Evans nur: „Das Beste, was ein Athlet machen kann ist, ein gutes Beispiel zu geben. Und ich glaube, ich gebe dieses Beispiel. Danach sollten sich die Leute ihre Meinung selbst bilden, über diesen Sport und über andere Sportarten.“ Es war eine sehr passive Antwort für einen Mann, der in den letzten Jahren gelernt hat, seine Chancen auf den Rundfahrtstraßen in sehr aktiver Weise zu ergreifen.

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