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Sport: Ausverkauft

Ministerin Künast und Fanverbände fordern die WM-Sponsoren auf, ihre Tickets nicht verfallen zu lassen

Berlin - Renate Künast weiß schon, was sie am 1. Februar macht. „Ich versuche, im Internet eine Karte zu bekommen“, verrät die Bundesministerin für Verbraucherschutz im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Am Dienstag kommender Woche beginnt der Kartenverkauf für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006, Fans können dann auf der Internetseite www.fifaworldcup.com für maximal sieben Spiele je vier Karten bestellen. Heute will das WM-Organisationskomitee die Details bekannt geben. Die Nachfrage wird das Angebot um das Zehnfache übersteigen und das Los entscheiden. „Bei einer WM will alle Welt dabei sein, da darf es keine Bevorzugung für deutsche Fans geben“, sagt Künast. Und Tickets für langjährige Vereinsmitglieder zurückzuhalten, sei unfair gegenüber jungen Fans und Familien. „Darum scheint mir das Los die beste aller schmerzhaften Lösungen zu sein.“

Von den 3,2 Millionen Eintrittskarten wird ein großer Teil für Sponsoren, VIPs und Gastländer zurückgehalten. In der ersten Verkaufsphase sollen nach Angaben des DFB zunächst 850 000 Tickets in den Verkauf gehen. Die Organisatoren hoffen auf eine Auslastung der Stadien von 98 Prozent. Dennoch fürchten viele Fans, dass die WM ohne sie stattfindet. „Wir wissen, dass der klassische Fan nicht im Vordergrund steht – leider“, sagt Volker Goll von der Koordinationsstelle Fanprojekte (Kos). „In den Stadien wird keine echte Fußballstimmung herrschen.“

Durch die Personalisierung jeder Eintrittskarte wird es schwer, ungenutzte Tickets zu tauschen. Wer sich jetzt um Tickets bewirbt, kann meist nicht abschätzen, welche Paarung er schließlich zu sehen bekommt. „Es sollte die Möglichkeit geben, Tickets überschreiben zu lassen“, fordert Goll. „Dann kommt ein Freund an zurückgegebene Karten, nicht ein Fremder.“ Auch der Chef des Sportausschusses, Peter Rauen, fordert eine seriöse Tauschbörse (siehe Interview). Als schlechtes Beispiel nennen Experten die Europameisterschaft 2004 in Portugal, bei der Fans vor den Stadien ihre Karte verkaufen wollten und wegen angeblichen Schwarzmarkthandels verhaftet wurden. „Der Kartentausch darf nicht so kriminalisiert werden wie in der Vergangenheit“, sagt Ralf Busch, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Fanprojekte.

Das nächste Problem sind Sponsorenkarten, die nicht zurückgegeben werden. In Portugal und bei der WM 2002 in Asien waren viele Plätze frei geblieben, obwohl keine Tickets mehr erhältlich waren. „Ich appelliere an die Sponsoren, ihre überschüssigen WM-Karten frühzeitig zurückzugeben“, sagt Künast. Die Ministerin schlägt vor: „Sponsoren sollten schon jetzt Patenschaften mit Jugendmannschaften oder Freizeiteinrichtungen übernehmen. Denen können sie versprechen, überschüssige Tickets kurz vor den Spielen an sie abzutreten.“ Fan-Sprecher Busch fordert eine frühe Rückgabe auch von den Reisebüros: „Deren Karten könnten an ehrenamtliche Helfer gehen.“

Die Fanverbände versuchen bereits, ein eigenes Kontingent an WM-Karten zu bekommen. Die Koordinierungsstelle hat beim Organisationskomitee angefragt, ob sie den bundesweit 30 Fanprojekten einige Tickets zur Verfügung stellen dürfe. „Die Fanprojekte könnten kleine Reisen veranstalten und so vielen Jugendlichen etwas bieten“, sagt Fankoordinator Goll. Bislang hat das Organisationskomitee nicht auf die Anfrage geantwortet.

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