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Bad Brückenau: Dicke Luft im ehemaligen WM-Quartier

Nach dem WM-Aus der Kroaten steht auch Bad Brückenau vor einem Scherbenhaufen. Die dort eigens gegründete "Kroatien zu Gast GmbH" musste Insolvenz anmelden.

Bad Brückenau - Ivan Knezovic streift die Stofftischdecken in seinem Lokal in der Bad Brückenauer Altstadt glatt und schüttelt dabei energisch den Kopf. Nein, er gebe keine Statements mehr, sagt er mit barschem Unterton: «Dafür haben sie sicher Verständnis.» Dann macht er eine Handbewegung, die zum Gehen auffordert. Keine ungewöhnliche Reaktion in diesen Tagen: Im unterfränkischen Kurort liegen bei einigen die Nerven ziemlich blank. Denn im ehemaligen kroatischen WM-Quartier geht es drunter und drüber.

Noch vor ein paar Monaten wurde Ivan Knezovic wie ein Sonnenkönig gefeiert. Der kroatische Gastwirt hatte sich dafür stark gemacht, dass sich seine Wahlheimat Bad Brückenau als Quartierstadt für das kroatische Nationalteam bewirbt. Bürgermeister Thomas Ullmann war von der Idee angetan, der Stadtrat blieb zunächst skeptisch. Ullmann schrieb dennoch eine kurze Bewerbung. Mit Erfolg. Plötzlich waren auch die Gemeindeparlamentarier dafür. Die ganze Stadt befand sich im Freudentaumel. Vor allem, weil man dem bekannteren Nachbarort Bad Kissingen eins ausgewischt hatte: Vor WM-Beginn hielt man die kroatische Elf stärker als die ecuadorianische.

Nun ist die Freude dahin. Die vom FC Bad Brückenau eigens gegründete «Kroatien zu Gast GmbH» musste am Sonntag ihr für 5000 Besucher ausgelegtes Zelt schließen. Inzwischen wurde sogar Insolvenzantrag gestellt. Die zuständige Richterin beim Amtsgericht Schweinfurt bestätigte, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens derzeit geprüft werde. In finanzielle Schieflage kam die GmbH, weil statt der von ihr erwarteten 15.000 kroatischen Fans gerade mal 3500 anreisten und nur 500 übernachteten.

In den Lokalzeitungen beschuldigen sich die Akteure seither munter gegenseitig. GmbH-Geschäftsführer Hans-Jörg Heidelmeier unterstellt der Stadt Bad Brückenau, sie habe zu wenig für die Veranstaltungen im Festzelt geworben, kroatische Top-Bands hätten teilweise vor einer Handvoll Gäste gespielt. Er beklagt zudem, dass sich die kroatischen Spieler kaum in der Öffentlichkeit gezeigt hätten. Kroatische Journalisten wollen herausgefunden haben, dass Heidelmeier und Knezovic in den Verhandlungen mit dem kroatischen Fußballverband angeblich 650.000 Euro geboten haben sollen, wenn das Team sein Quartier nicht, wie ursprünglich geplant, in Wuppertal sondern in Bad Brückenau aufschlägt.

Knezovic bestreitet, an den Verhandlungen überhaupt teilgenommen zu haben, Heidelmeier will sich zu der eventuell versprochenen Summe gar nicht äußern. Mit der Insolvenz der GmbH verlieren wohl auch die Stadt Bad Brückenau und der Landkreis Bad Kissingen jeweils 100.000 Euro, die sie der GmbH als Liquiditätshilfe geliehen haben. Nach dem jähen Vorrunden-Aus der kroatischen Elf ist das kleine Bad Brückenau zusätzlich in einen tranceartigen Zustand gefallen. Die kroatischen Radiosender räumen am Freitag bereits ihr Equipment zusammen, die kroatischen Zeitungsreporter und Fotografen aus aller Welt bereiten sich ebenfalls zur Abreise vor.

Bürgermeister Ullmann hofft derweil noch immer, dass die Beteiligten ihre Schmutzwäsche nicht allzu öffentlich waschen: «Ansonsten ist auch das, was durch die Anwesenheit der kroatischen Mannschaft geglückt ist, nämlich die Bekanntheit der Stadt zu steigern, auch wieder dahin.» Man merkt dem Rathaus-Chef der 7500-Einwohner-Stadt an, wie sehr ihn diese Querelen mitnehmen, obwohl er damit eigentlich nichts zu tun hat. Er wolle kein Besserwisser sein, «aber ich habe - das lässt sich mit Protokollen belegen - mehrfach davor gewarnt ein so großes Zelt zu mieten», sagt Ullmann: Doch wer schnell viel Geld verdienen wolle, trage auch ein hohes Risiko. (tso/ddp)

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